2. Teil: Blufft das Büro für Gewerberegistrierung UG mit gewonnenem Prozess?

08.04.2019 mit diversen Updates, zuletzt vom 17.11.2020 - Vor einigen Tagen berichteten wir in unserem Blog über das sogenannte Büro für Gewerberegistrierung UG (haftungsbeschränkt), das aus Berlin mit Trickformularen an Aufträge für einen Firmeneintrag auf der privaten Internetseite Gewerbedatenregistrierung.de zu gelangen versucht.

[Zum Blog-Beitrag vom 01.04.2019 - Der nächste Abzocker: das Büro für Gewerberegistrierung UG mit Gewerbedatenregistrierung.de]

Betroffene des Büro für Gewerberegistrierung erhalten jetzt Mahnungen und "Letzte Mahnungen":

“Da Sie jedoch bis heute keine Zahlung geleistet haben, bleibt uns keine andere Wahl als Zahlungsklage beim zuständigen Amtsgericht einzureichen!

Exemplarisch haben wir ein aktuelles Urteil diesem Anschreiben beigefügt.“

Ein Urteil des Amtsgericht Fulda (AG Fulda, Urteil vom 22.02.2019 – 31 C 215/18 (A) wird tatsächlich beigefügt. Darin wird eine Beklagte verurteilt, an das Büro für Gewerberegistrierung UG 597 EUR zu zahlen.

Ob das Ganze mehr als ein Bluff ist?


Falsch gemacht, was nur falsch zu machen geht

Denn als wir uns das Urteil genauer ansahen, fielen uns eine Menge Ungereimtheiten auf. Die dortige Beklagte hatte sich keinen Anwalt genommen. Und dann wohl schon beginnend im Vorfeld so gut wie alles falsch gemacht, was falsch zu machen ist.

Bereits 2011 schrieben wir in unserem Blog zu einer Vorgängerin im Geiste der Firma Büro für Gewerberegistrierung UG, die auch mit solchen Formularen an das Geld Betroffener wollte. Ähnliches könnte man auch heute formulieren:

„Kann man damit wirklich einen Schrecken einjagen?

Nur auf den ersten Blick. Wagen wir ein Gedankenspiel. Was würden wir als Rechtsanwälte Radziwill ● Blidon ● Kleinspehn empfehlen, wenn wir auf die dunkle Seite gewechselt wären? Wir würden nicht empfehlen, Freunde zu bitten, sich verklagen zu lassen und dann alles zu tun, um zu verlieren, damit man mit dem Urteil hausieren gehen kann. Solch eigenartige Prozesse hatten früher andere Firmen geführt und gewonnen; viel zu auffällig. Wir würden ein geschickteres Vorgehen empfehlen. Etwa so: es sollten zehn Klagen quer in Deutschland eingereicht werden. Vor allem gegen diejenigen, die schon im Vorfeld ungeschickt argumentierten oder einen Anwalt hatten, der mutmaßlich in der Materie nicht drin steckt. Gerät man dann noch an einen unerfahrenen Richter, ließen sich vielleicht auf diesem Wege ein oder zwei der Verfahren gewinnen. Dass man den Rest verloren hat, verschweigt man. Wenn man dann mit dem Urteil auftrumpft und zwei oder drei bewegen kann, nun doch zu zahlen, sind die Kosten der Aktion wieder hereingeholt. Schafft man es gar, etwa hundert zur Zahlung zu bringen, hat man damit über hunderttausend Euro gescheffelt.

Wir wissen nicht, was wirklich geschah. Auffälligkeiten lassen sich aber feststellen: Das Verfahren wurde gem. § 495a ZPO (vereinfachtes Verfahren) geführt, da der Streitwert nicht über 600 EUR lag; eingeklagt waren die Kosten für ein Jahr in Höhe von 569,06 €. Eine Berufung ist dann nicht zulässig. Da die Gegenseite jedoch Ansprüche für zwei Jahre behauptet, hätte sich eine Widerklage angeboten auf Feststellung, dass auch für das zweite Jahr der GWE mit ihrer "Gewerbeauskunft-Zentrale" kein Anspruch zusteht. Der Gegenstandswert hätte dann über 600 € gelegen und eine Berufung zum Landgericht Köln wäre möglich gewesen.“

[Zum Blog-Beitrag vom 09.07.2011 - Neuer Versuch der GWE, oder: wer hat Angst vorm Schwarzen Mann?]


Rechtsprechung des Bundesgerichtshof wird nicht erwähnt

Das entscheidende aber: mit keinem Wort wird auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshof zu solchen Trickformularen eingegangen. Dem Richter in Fulda war die offenbar unbekannt. Und auch die Beklagte hatte darauf keinen Bezug genommen.

Der Ausgang dieses Verfahrens zeigt nur, wie notwendig es ist, sich mit der Materie und den Hintergründen gut auszukennen, um Ansprüche abwehren zu können. Mehr lässt sich daraus nicht entnehmen. Insbesondere nicht, dass man Geld an das Büro für Gewerberegistrierung UG zahlen müsste.



Update vom 17.04.2019:

Es erstaunt immer wieder, dass es „der Szene“ gelingt, Anwälte zu finden.

Für das Büro für Gewerberegistrierung UG meldet sich jetzt bei Betroffenen, die dem Zahlungsansinnen nicht nachgekommen sind, eine Anwaltskanzlei Bussek & Mengede aus Berlin. Man sei mit der weiteren Bearbeitung beauftragt, schreibt die. Und verlangt außer dem Geld für das Büro für Gewerberegistrierung UG weitere 124,00 EUR netto als Anwaltskosten. Sonst werde man „die Einleitung rechtlicher Schritte empfehlen.“



Update vom 08.01.2020:

Betroffene erhalten jetzt eine "2. Jahres-Rechnung". Für "Eintragung und Zugang Texteintrag". 597 EUR brutto sollen auf ein Konto bei der Fidor Bank AG gezahlt werden.

Als Anschrift des Büro für Gewerberegistrierung UG wird in den Rechnungen wieder die Fraunhoferstraße 24 in 10587 Berlin angegeben. Im Handelsregister wird aber weiterhin die Clausewitzstraße 2, 10629 Berlin genannt.



Update vom 25.02.2020:
Inkassobüro erscheint

Betroffene des Büro für Gewerberegistrierung UG erhalten jetzt Post von der Demanda Forderungsmanagement GmbH aus 50827 Köln. Man habe innerhalb von 14 Tagen zu zahlen, schreibt das Inkassounternehmen. Inklusive der Kosten der Demanda Forderungsmangement GmbH sind aus 597 EUR schon 786,34 EUR geworden, die man haben will.

Lesern unseres Blogs wird der Name der Inkassofirma im Zusammenhang mit dieser sehr speziellen Geschäftswelt schon aufgefallen sein.

Wer Post von der Demanda erhält wird tätig werden müssen. Ein bloßes Aussitzen reicht nicht. Es können sonst Nachteile bei Schufa, Creditreform & Co. drohen.

[Die Abzockerszene und ihr Inkasso – was dürfen Inkasssobüros?]



Update vom 17.11.2020:
Das nächste Konto

Auf den Rechnungen des Büro für Gewerberegistrierung wird wieder eine neue Bankverbindung genannt. Jetzt soll auf ein Electronic Money Konto bei TransferWise Europe gezahlt werden.

[Die Abzockerfirmen und ihre Konten]


Siehe auch:

[Blog-Beitrag vom 12.05.2021 - 3. Teil: Büro für Gewerberegistrierung UG verliert Prozess]





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