Seit über 100 Jahren: Inseratenschwindel, damals so wie heute
23.08.2019 – Ein Blick über den Zaun kann neue Erkenntnisse verschaffen. Natürlich auch uns. Wenngleich es kein Zaun war, sondern der Blick in ein Buch. Es beschäftigt sich mit einem Kämpfer der deutschen Arbeiterbewegung, Paul Levi.
Der 1883 geborene Levi war Sozialdemokrat in Frankfurt am Main, gründete am Ende des ersten Weltkrieges zusammen mit Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht die KPD und wurde 1919 deren Vorsitzender. 1921 schloss man ihn aus der KPD aus. Er kehrte zurück zur SPD, die er im Reichstag vertrat und war einer der Wortführer des linken Flügels der Partei. Die von Levi 1923 gegründete Zeitschrift für sozialistische Politik und Wirtschaft - spw gibt es noch heute. Als eine Stimme der sozialdemokratischen Linken.
1930 starb er bei einem Sturz aus dem Fenster seiner Wohnung. Wohl deshalb, weil Bauvorschriften missachtet worden waren, die so etwas verhindern sollten.
Es ist jetzt eine Sammlung seiner Schriften und von Zeitschriftenartikeln über ihn in Buchform erschienen: Paul Levi, Ohne einen Tropfen Lakaienblut, Schriften, Reden, Briefe, Herausgegeben von Jörn Schütrumpf; wir zitieren in diesem Beitrag aus Band I/1: Spartakus: Das Leben bis zur Ermordung des Leo Jogiches, Karl Dietz Verlag Berlin, 2018.
Paul Levi war nicht nur Politiker, sondern auch Rechtsanwalt. In dem Buch finden sich Schriftstücke rund um seinen Einsatz gegen den Inseratenschwindel um die Jahre 1910. Deren Inhalt kommt einem bekannt vor. So wie heute war es schon damals. Und dass Levi in einer Zeitschrift vor dem Schwindel warnte und Möglichkeiten der Abwehr von Forderungen aufzeigte, missfiel auch damals schon. Weshalb man ihn verklagte und die Rechtsanwaltskammer einschaltete.
Was wir auch heute noch erleben, wenn man in „der Szene“ über unsere Blog-Beiträge mal wieder not amused ist.
Adresse in Frankfurt a.M., Wohnung in der Schweiz
Der Schwindel trug 1909 den Namen „Zeitungsverleger Hermann Kaufmann“. Mit seiner Firma gab er eine Adresse in Frankfurt am Main an. Tatsächlich lebte er in der Schweiz, in einem Ort, der damals Reichsburg hieß.
Ein Betroffener dieser Firma war ein Herr Mock. Als er verklagt wurde, wandte er sich an den jungen Rechtsanwalt Levi. Über die Hintergründe schrieb Paul Levi 1910 an den „verehrlichen Vorstand der Anwaltskammer“:
„Mir war daher auch persönlich bekannt, daß Mock ein ganz armer Mann ist, der das Unglück hatte, daß ihm im vergangenen Jahre Haus und Hof abbrannte. Er hat sein Haus, in dem er eine Wirtschaft betrieb, mit fremdem Geld wieder aufbauen müssen und kam Ende 1909 in so schlechte Verhältnisse, daß sein Anwesen in Subhastation kam [Anm. Rechtsanwälte Radziwill: Zwangsversteigerung].
Anfangs Dezember vorigen Jahres wurde ihm dann sein Anwesen wegversteigert, so daß man heute wohl sagen kann, daß ihm nicht mehr das Hemd auf dem Leibe eigen ist.
An diesen Mann machte sich im August vorigen Jahres der Agent des Klägers heran und beschwatzte ihn, wie Mock behauptet, mit falschen Vorspiegelungen, den Bestellschein zu unterschreiben.“
[Wir haben bei diesem und den anderen Zitaten die damalige Rechtschreibung beibehalten]
Zweifelhaftes Vertragsformular
Dieser Bestellschein las sich auf den ersten Blick erst einmal unverfänglich. Mit Formulierungen, die man so fast wortgleich noch heute lesen kann:
Doch nicht auf den zweiten und dritten Blick. Da war die Art und Weise, wie die Unterschrift ergaunert wurde. Dann der Preis. Ein vergleichbares Inserat hätte in der »Frankfurter Zeitung« mit einer Auflage von 70.000 Exemplaren 90 Mark, in der »Kölner Zeitung« bei einer Auflage von 80.000 Exemplaren 80 Mark, in der Berliner Morgenpost« bei einer Auflage von 250.000 Exemplaren 142,50 Mark gekostet. Vor allem war aber die Frage, was eigentlich wirklich vereinbart ist – wozu das Formular schweigt.
Heute würde man sagen: es mangelt an einer Vereinbarung über die Essentialia Negotii – so wie es bis heute bei einschlägigen Anzeigenabzockern praktiziert wird: welche Auflage war geschuldet, wo, wie und an wen sollte die Verteilung erfolgen?
Forderungsabwehr anno 1910
In einem Zeitschriftenaufsatz beschrieb Rechtsanwalt Paul Levi unter der Überschrift "Zur Bekämpfung des Inseratenschwindels" die Verteidigungsstrategie der damaligen Zeit:
“An dem Bestellschein sind zwei Dinge auffällig: die Höhe des Preises und die Unbekanntschaft der Zeitung, die wohl unter Ausschluß der breiteren Öffentlichkeit ein lediglich dem Drucker, dem Verleger und den Geprellten bekanntes Dasein fristet […]
Was den Auftraggebern bei Erteilung des Auftrages vorerzählt worden ist, wird für die Verteidigung des auf Zahlung Verklagten in der Regel nicht in Betracht kommen, weil es meistens unter vier Augen erzählt worden ist und deswegen nicht wird bewiesen werden können. Auf den Agenten wird man sich, als einen Beteiligten, wohl selten beziehen können.
Vielleicht aber kann folgende Erwägung helfen. Der Trick der Annoncenschwindler besteht ja darin, daß sie ihre Zeitung in einer lächerlich geringen Auflage - 700 bis 800 Stück sind schon viel - herstellen. Meistens werden nur soviel Exemplare hergestellt, als Belegexemplare für die Inserenten und die Agenten erforderlich sind. Nun hat aber der Vertrag, den der Inserent mit dem Zeitungsverleger eingeht, einen doppelten Inhalt. Er verpflichtet den Verleger nicht nur, die aufgegebene Annonce abzudrucken, sondern auch, sie zu verbreiten.
Über die Verbreitung und ihren Umfang ist in diesen Verträgen nichts gesagt. Somit hat sie nach § 242 B.G.B. in dem Umfang zu geschehen, den »Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte« erfordern. Dem wird aber bei diesen Zeitungen und diesen Verlegern nie entsprochen. Wer ein solch gewaltiges Entgelt bezahlt, wie diese Verleger es fordern, kann eine Verbreitung in tausenden von Exemplaren verlangen. Solange der Verleger dieser Vertragspflicht nicht genügt, hat er auch keinen Anspruch auf Vergütung.“
"Sie spekulieren auf die Dummheit"
In der Volksstimme, Sozialdemokratisches Organ für Südwestdeutschland Nr. 111 vom 14.05.1910, konnte man noch mehr über die Inseratenschwindler-Szene der damaligen Zeit lesen:
“Blättchen, die auf diese unreelle Art Geschäfte machen, gibt es in Deutschland zirka fünf Dutzend; dabei spekulieren sie auf die Dummheit derer, die nicht alle werden […]
Durch die Bank gehen die Leute recht skrupellos vor […] Ganze Ortschaften werden abgegrast, unter Vorspiegelung falscher Tatsachen den Leuten ganz andere mündliche Versprechungen gemacht, als in Wirklichkeit erfüllt werden. Man lässt sich Blankobestellscheine unterschreiben, auf denen nachher andere Bedingungen vermerkt werden, als vereinbart worden sind. Ja, in Neu-Isenburg ist es vorgekommen, daß sich ein derartiger Agent einer armen Frau als Vertreter einer Konfektionsfirma vorstellte, unter günstigen Abzahlungsbedingungen Waren offerierte und auch bestellt bekam, der sich aber von der Frau dann einen Bestellschein unterschreiben ließ, nach welchen er von ihr einen Inseratenauftrag für den Verkauf ihres Hauses bekommen habe. Die Frau war nicht wenig erstaunt, als ihr statt der Kinderkleider das erste Exemplar mit dem angeblich aufgegebenen Inserat und ein Postauftrag in Höhe von 300 Mark präsentiert wurden.“
Heute ist die Vorgehensweise solcher Firmen modifiziert. Sie wird jetzt Kölner Masche genannt. Im Kern läuft es aber immer noch so ab, wie schon vor über hundert Jahren.
[Anzeigenbetrug mit der Kölner Masche]
Schwer beleidigt und empört
Der Verleger Hermann Kaufmann war schwer empört, als er von dem Artikel des Rechtsanwalt Paul Levi erfuhr. Wenn Betroffene wüssten, wie man sich gegen seine Forderungen wehren kann, wäre sein Geschäftsmodell in Gefahr, befürchtete er. Er forderte von der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main ein sofortiges Einschreiten gegen Rechtsanwalt Levi. Der mache das doch alles nur, um Werbung für seine Kanzlei zu machen. Und außerdem verklagte er ihn vor dem Königlichen Schöffengericht zu Frankfurt am Main. Das solle Levi wegen Beleidigung seiner Person strafrechtlich zur Verantwortung ziehen, verlangte er.
Drei Anwälte für die Forderungsbeitreibung
Doch die fünfstündige Gerichtsverhandlung am 13. Mai 1910 zum Aktenzeichen 29 B. 142/10 verlief gar nicht so, wie der einschlägige Kaufmann namens Kaufmann es sich erhofft hatte.
Erstaunliches erzählten dort seine eigenen Zeugen: es seien Außendienstler beschäftigt worden. Einige von denen einschlägig wegen Betruges vorbestraft. Es gäbe “unredliche Manipulationen beim Annoncensammeln“ durch einen großen Teil der regelmäßig beschäftigten zehn bis zwölf Außendienstler. Die habe man dann zwar irgendwann nicht weiterbeschäftigt. Aber trotzdem eine Prozesslawine angestoßen, um an das Geld der Betroffenen zu gelangen. Alleine in den beiden letzten Jahren hatte die Firma 300 Prozesse geführt. Trotz der Manipulationen beim Annoncensammeln. Drei Anwälte waren damit beschäftigt. Um sich die Arbeit zu vereinfachen, wurden dazu besondere Vordrucke erstellt.
Freispruch unter Beifall
Nach alldem konnte das Königliche Schöffengericht keine Beleidigung erkennen. Eine Besprechung derartiger Auswüchse sei durchaus sachgemäß, stellte es fest. Und sprach Rechtsanwalt Paul Levi unter Beifall und Bravorufen der zahlreichen Zuschauer frei. Aus dem Urteil:
"Der Angeklagte erhielt kurze Zeit nach seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft hier durch einen Bekannten den Auftrag, einen gewissen Mock in Haigerloch, der Heimat auch des Angeklagten, in einem vorn Kläger angestrengten Zivilprozesse zu vertreten. Kläger hatte einen Betrag von zirka 145 Mark für ein Inserat eingeklagt, das er in der von ihm herausgegebenen Zeitung »Grundstück und Kapital« aufgenommen hatte. Bei der Prüfung der Sache gewann der Angeklagte den Eindruck, als wenn diese wöchentlich erscheinende Zeitung in unreeller Weise hochbezahlte Inserate sammle, ohne für eine ihren Preisen entsprechende Verbreitung zu sorgen und nach einer Rücksprache mit dem Herausgeber der »Deutschen Immobilien-Zeitung«, Herrn Stern-Simon, entschloß er sich auf dessen Anregung einen Artikel in der »Deutschen Immobilien-Zeitung« zu veröffentlichen, in dem er das Vorgehen der Zeitung »Grundstück und Kapital« kritisiert und vom juristischen Standpunkt beleuchtet […]
Der Artikel erschien unter der Überschrift »Zur Bekämpfung des Inseratenschwindels «, enthält zunächst den wörtlichen Abdruck des Inseratenauftragsformulars des Klägers und führt alsdann aus: An diesem Bestellschein seien zwei Dinge auffällig: Die Höhe des Preises und die Unbekanntheit der Zeitung, die wohl unter Ausschluß der breiteren Öffentlichkeit ein lediglich dem Drucker, dem Verleger und dem Geprellten bekanntes Dasein friste. Es wird dann erörtert, wie in einem Zivilprozeß die Opfer gegen solche Forderungen zu schützen seien, da das, was ihnen bei Erteilung des Auftrages vorerzählt worden sei, für die Verteidigung wenig in Betracht komme, da es als unter 4 Augen gesprochen schwer zu beweisen sei. Es könne aber vielleicht aufgrund des § 242 B.G.B. Abhilfe geschafft werden, da »Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte« erforderten, daß den Inseraten eine dem gewaltigen Entgelt entsprechende Verbreitung gegeben werden müsse, nicht aber, wie das der Trick der Annoncenschwindler sei, ein Abdruck in einer Zeitung von der lächerlich geringen Auflage von 700 bis 800 Stück genügen, die wesentlich dazu dienen, für die Inserenten und Agenten die erforderlichen Belegexemplare zu haben. Angeklagter hoffte, daß dieser Trug zu dem wünschenswerten Ziele führen werde, einer solchen Ausbeutung der Ärmsten ein Ende zu machen.
Der Angeklagte hat für den sachlichen Inhalt dieses Artikels den Wahrheitsbeweis angetreten, der im Wesentlichen als geglückt anzusehen ist. Darnach ist die Zeitung des Klägers weder unter die Fachzeitschriften noch unter die Tageszeitungen zu rechnen, sondern ist lediglich ein Offertenblatt, das nach einer bestimmten Richtung beschränkt ist, nämlich auf den Grundstücks- und Hypothekenhandel. Als solches Blatt hat es keinen festen Interessentenkreis, somit auch keine Abonnenten; wenigstens keine solchen, die dafür zahlen. Ein Stab von Agenten bereist das Land und hat die Aufgabe, Inserate zu sammeln und nebenbei auf Gastwirte, Kafetiers usw. zu suchen, die das Blatt gegen kostenfreie Zusendung in ihren Wirtschaften auslegen. Die Agenten beziehen keinen Gehalt, sondern nur Provision und zwar 50 % von jedem Insertionsauftrag. Das Blatt wurde im Dezember 1909 in zirka 2300 Exemplaren und wird jetzt in zirka 3000 Exemplaren gedruckt. Hiervon liefert der Drucker 1000 Exemplare an die Post für diejenigen Gastwirte usw., die sich zur Empfangnahme bereit erklärt haben, wovon zirka 300 in Deutschland und 700 in der Schweiz wohnen. Den Rest der Auflage bekommt die Schriftleitung und verwendet sie zum Teil als Belegblätter für die Inserenten, zum Teil läßt sie sie durch ihre Agenten an öffentliche Lokale verteilen.
Nach Aussage des Mitinhabers Hesekiel hat sich ein großer Teil der Agenten unredlicher Manipulationen beim Annoncensammeln schuldig gemacht und die einzelnen, die deshalb strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wurden, sind alsdann auch nicht weiter beschäftigt worden, mit Ausnahme eines Bruders des Hesekiel und eines gewissen Fuld, die aber beide jetzt auch ausgeschieden sind. Die Schriftleitung ist genötigt, zahlreiche Prozesse gegen die Inserenten zu führen.
Nach den Angaben, die der Rechtsanwalt Dr. Heinrich Meyer zur Begründung der Verweigerung seines Zeugnisses gemacht hat, hat er allein in den letzten zwei Jahren etwa 300 Klagen eingereicht. Der Rechtsanwalt Seligmann hat zur Ersparung des Schreibwerks sich besondere Formulare für die Klagen anfertigen lassen, die er für den Kläger anstellt, und der Rechtsanwalt Dr. Fehl hat auch eine große Anzahl Klagen zu führen. In den Klagen wird, wie Kläger nicht bestritten hat, im wesentlichen von den Beklagten meist eingewandt, sie seien von den Agenten über den Preis der Inserate, ihre Verbreitung usw. getäuscht worden, und Kläger hat zugegeben, daß ein großer Teil der Zivilrichter die schriftliche Abmachung, daß mündliche Vereinbarung keine Gültigkeit neben dem schriftlichen lnseratenauftrag habe, nicht berücksichtigt und Beweis über die Einwendungen der Beklagten über die ihnen beim Abschluß von den Agenten gemachten Versprechungen erhoben. Der Kläger hat ferner zugegeben, daß auch, wenn derartige Einwände von seiten der Inserenten gemacht und bewiesen werden, die Kläger dennoch durch die Instanzen weiter geführt würden, angeblich, um die Regreßverpflichtung derAgenten festzustellen.
Was den Preis der Inserate betrifft, so hat eine Aufstellung der Firma Rudolf Mosse vorgelegen, nach der ein Inserat wie das des vom Angeklagten vertretenen Mock in der »Frankfurter Zeitung« mit einer Auflage von zirka 70 000 = 90,-Mk., in der »Kölner Zeitung« bei einer Auflage von zirka 80000 = 80,- Mk., in der »Berliner Morgenpost« bei einer Auflage von zirka 250000 = 142,50 Mk., also selbst in dieser Zeitung noch weniger kostet als in der des Klägers, die eine so geringe Verbreitung hat. Die vernommenen Sachverständigen haben erklärt, das Blatt des Klägers nicht zu kennen, obwohl sie als Makler, Vertreter großer Inseratenfirmen wie Haasenstein & Vogler und dergleichen auf diesem Gebiete Kenntnis haben. Sie halten das Blatt für wertlos und ein Inserieren darin für aussichtslos und jedenfalls in keinem Verhältnis zu den hohen Insertionskosten stehend. Der Kläger hat nun freiwillig eine Anzahl von Druckschreiben vorgelegt (etwa zehn Stück mit der Behauptung, er habe noch eine ganze Menge zu Hause) in denen ihm bescheinigt wird, daß aufgrund des Inserates in seinem Blatt ein Vertragsabschluß über irgendein Grundstück zu Stande gekommen sei. Eine Prüfung dieser Druckschreiben war nicht möglich; es mag aber als richtig angenommen werden, daß in den drei Jahren des Bestehens der Zeitung einige Inserate Erfolg gehabt haben und es ist gewiß auch richtig, was der Sachverständige Stark sagt, daß nicht die Größe einer Zeitung das Ausschlaggebende für den Erfolg eines Inserates ist. Aus dem Umstand, daß, wie der Zeuge Jung bekundet hat, vielfache Klagen und Beschwerden gegen das Geschäftsgebaren der Agenten des Klägers eingegangen sind, daß unter den Agenten ein so großer Prozentsatz minderwertiger Elemente sind, daß der kleine Geschäftsbetrieb der Kläger so überaus zahlreiche Klagen nötig macht, die trotz Kenntnis von dem unreellen Verhalten der Agenten durchgeführt werden, ferner aus der geringen Verbreitung der Zeitung und dem hohen Preise der Inserate ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, daß das Unternehmen auf keiner gesunden Grundlage beruht und daß die sachlichen Behauptungen des Angeklagten richtig sind, daß er sich also einer Verbreitung nicht erweislich wahrer, den Kläger in der öffentlichen Meinung herabwürdigender Tatsachen nicht schuldig gemacht hat.
Aus der Veröffentlichung des Artikels in der Immobilienzeitung kann auch nicht eine Absicht, den Kläger zu beleidigen, hergeleitet werden, da eine Besprechung derartiger Auswüchse des Immobilienhandels gerade in diesem Blatte durchaus sachgemäß ist.
Was die Form des Artikels betrifft, so ist nicht zu erkennen, daß einige Ausdrücke, wie zum Beispiel Inseratenschwindel, Geprellter, Annoncenschwindler, Ausbeutung der Ärmsten usw. sehr scharf sind. Der Gerichtshof ist aber von der Meinung ausgegangen, daß der Angeklagte lediglich in der Erregung über die von ihm aufgedeckten Mißstände gemeint hat, sie durch kräftige Ausdrücke charakterisieren zu müssen, ohne dabei die Absicht zu haben, den ihm persönlich vollständig fremden Kläger in seiner Ehre zu kränken.“
Noch ein Freispruch
Der Ärger mit der Rechtsanwaltskammer war nachhaltiger. Er führte schließlich bis zum Reichsehrengerichtshof. Der Levi dann aber von dem Vorwurf eines Fehlverhaltens freisprach.
[Zum Wikipedia-Artikel über Paul Levi]
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