Architekt ist pleite – Streichung aus der Architektenliste
20.05.2020 - Wer als Architekt seine Rechnungen nicht bezahlt - oder nicht bezahlen kann, weil er pleite ist - läuft Gefahr, aus der Architektenliste gestrichen zu werden. Mit der Folge, nicht mehr als Architekt auftreten zu dürfen. Das zeigt eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Ansbach (VG Ansbach, Urteil vom 02.03.2020 - 4 K 17.607).
Eidesstattliche Versicherungen, Geldstrafe, Schulden bei Krankenkasse
In Mittelfranken war seit 01.02.1983 ein Architekt in die Architektenliste bei der Bayrischen Architektenkammer eingetragen.
2016 wurde die Architektenkammer aktiv. Sie regte eine Prüfung an, ob der Architekt aus der Architektenliste gestrichen werden müsse. Bereits im Jahr 2004 hätte er eine eidesstattliche Versicherung (heute heißt so etwas Vermögensauskunft, viel früher Offenbarungseid) abgegeben. Im Jahr 2005 folgte ein Strafbefehl über eine Geldstrafe. Im 2008 legte der Architekt erneut die eidesstattliche Versicherung ab. Kurz darauf wurde ein Insolvenzverfahren eröffnet, dass 2014 endete. Doch noch immer standen Forderungen gegen ihm im Raum. So beispielsweise bei der Kaufmännischen Krankenkasse - KKH. Der hatte der Architekt immer nur Zahlungen in Aussicht gestellt, in der Realität aber nicht einmal die laufenden Beiträge vollständig und pünktlich gezahlt. Im Jahr 2016 beliefen sich die offenen Forderungen bereits auf über 51.000,00 €.
Der Architekt wurde jetzt hellhörig und glich bei der KKH sofort alle offenen Forderungen aus. Trotzdem entschloss sich der Eintragungsausschuss der Architektenkammer ihn aus der Architektenliste zu streichen.
Der Architekt war damit nicht einverstanden. Er erhob Klage vor dem Verwaltungs- gericht. Die Löschung aus der Architektenliste sei unverhältnismäßig, meinte er. Das Verfahren zog sich hin und als das Gericht im Sommer 2018 bei der KKH nachfragte, wurde mitgeteilt, dass der Architekt schon wieder einen Beitragsrückstand hätte. Diesmal über knapp 64.000,00 €.
"Gefahr für die von ihm betreuten Vermögenswerte"
Der Prozess lief nicht gut für den Architekten. Das Verwaltungsgericht bestätigte die Streichung aus der Liste. Er sei wegen seiner finanziellen Verhältnisse unzuverlässig. Aus dem Urteil:
“Vor diesem Hintergrund indiziert der Vermögensverfall eines Architekten nach ständiger Rechtsprechung dessen mangelnde berufliche Zuverlässigkeit. Ein zahlungsunfähiger oder überschuldeter Architekt stellt eine Gefahr für die von ihm betreuten Vermögens- werte dar. Ihm fehlt die wirtschaftliche Grundlage für die erforderliche berufliche Unabhängigkeit. Damit rechtfertigt er in seiner Person die Besorgnis, dass sich seine ungeordneten Vermögensverhältnisse u.a. zu Lasten der Einhaltung der Regeln der Baukunst und der sonstigen baupolizeilichen Vorschriften auswirken können und dass er sich bei seinen Handlungen von eigenen finanziellen Interessen und übertriebener Gewinnorientierung leiten lässt […]
"Nicht außer Verhältnis"
Auch steht die Streichung nicht außer Verhältnis, meinte das Gericht. Noch einmal aus dem Beschluss:
“Der Widerruf steht auch nicht außer Verhältnis zu dem angestrebten Rechtsgüterschutz. Trotz der damit verbundenen beruflichen und wirtschaftlichen Folgen, insbesondere Wettbewerbsnachteilen […] Das […] verfolgte Ziel der Erhaltung eines funktionierenden und anerkannten Architektenwesens ist so gewichtig, dass die Belange der betroffenen Architekten dahinter zurückstehen müssen. Wer als Architekt tätig sein will, kann sich bei der Berufswahl auf das sachlich gerechtfertigte Erfordernis geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse einstellen, zumal dieses bereits im Zusammenhang mit der Eintragung in die Architektenliste von Bedeutung ist […] Überdies entzieht der Widerruf dem Kläger nicht die berufliche Existenzgrundlage, sondern verwehrt ihm nur die Führung der bisherigen Berufsbezeichnung „Architekt“. Insbesondere ist er weiterhin berechtigt, Bauvorlagen […] zu erstellen. Schließlich bleibt es ihm unbenommen, nach einer etwaigen Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse einen erneuten Antrag auf Eintragung in die Architektenliste zu stellen.“
Nachvollziehbar
Die Entscheidung des Gerichts ist nachvollziehbar. Ein Architekt hat, ebenso wie ein Rechtsanwalt, mit teils erheblichen Vermögenswerten zu tun, die er betreut. Da dürfen keine Zweifel an seiner finanziellen Zuverlässigkeit bestehen.
Mit dem Thema Architekt und Fragen rund um seine Tätigkeit haben wir uns in unserem Bau-News-Blog schon öfter beschäftigt:
[Zum Bau-News-Beitrag vom 26.01.2014: Das Eigenheim mit einem Architekten bauen?]
[Zum Bau-News-Beitrag vom 10.04.2017: Kein Anspruch des Architekten, Pfusch selber zu beseitigen]
[Zum Bau-News-Beitrag vom 25.01.2019: Seekiefernholz – nicht für Außenfassade an der Wetterseite]
[Zum Bau-News-Beitrag vom 05.02.2019: Architekt muss Verlegung von Altparkett nicht überwachen]
[Zum Bau-News-Beitrag vom 26.06.2019: Wenn der Bauherr schlauer als sein Architekt sein will...]
[Zum Bau-News-Beitrag vom 27.01.2020 - Architekt muss Anstrich mit Hartwachsöl nicht überwachen]
[Zum Bau-News-Beitrag vom 29.07.2020 - Vorsicht Haftungsfalle: wenn ein Architekt auf Jurist macht]
[Zum Bau-News-Beitrag vom 18.08.2020 - Verbraucher können (manchmal) Architektenvertrag widerrufen]