Auch wenn es dem Nachbarn nicht gefällt – E-Ladesäule darf am Straßenrand stehen

10.12.2022 – Gegen Klimaschutz hat – außer ein paar Menschen mit, naja, exotischen Ansichten - niemand etwas. Doch bei manchen soll er bitte schön nicht vor dem eigenen Grundstück geschehen.

In Berlin kämpfte ein Grundstückseigentümer dagegen, dass auf der Straße vor seinem Grundstück eine Ladesäule errichtet wird. Seine Gesundheit werde dadurch beeinträchtigt.

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11.10.2022 – OVG 1 S 28/22) sah das anders.


Ladesäule als Ort der Hoch-Verlärmung

Ein Grundstückseigentümer in Berlin war entsetzt. Sollte doch auf der Straße vor seinem Haus eine Ladesäule errichtet werden. Zum Haus war zwar gehöriger Abstand. Erst einmal war der Gehweg 1,60 m breit und dann war das Haus auch noch mehrere Meter vom abgezäunten Gehweg zurückversetzt. Trotzdem kämpfte er mit Vehemenz dagegen. Es gäbe 67 ebenso oder besser geeignete Standorte in derselben Straße, argumentierte er. Nur möglichst weit weg. Seine Gesundheit sei beeinträchtigt. Autos würden dann an- und abfahren, Türen und Kofferraum würden geschlagen werden, man würde Stimmen von Fahrgästen hören. Dann die Lichtverschmutzung, weil die Ladesäule ein Display hat. Er würde Herz-Kreislauf- und Verdauungsstörungen erleiden, außerdem Störungen des vegetativen Nervensystems. Solche Ladesäulen seien ein Ort der Hoch-Verlärmung. Außerdem benötige er den Parkplatz für seinen Vater, wenn der ihn besucht.

Vor dem Verwaltungsgericht Berlin kam er damit nicht durch. Doch er legte Beschwerde ein, zum Oberverwaltungsgericht. Vergeblich:


Das muss hingenommen werden

Aus dem Beschluss:

“Soweit der Antragsteller einen Parkplatzbedarf seines - offenbar (noch) nicht im Hause wohnhaften - schwerbehinderten Vaters geltend macht, handelt es sich schon nicht um eigene Rechte. Unabhängig davon hat der Antragsteller bisher keinen Antrag auf Einrichtung eines personenbezogenen Schwerbehindertenparkplatz […] gestellt […] Im Übrigen hat der Antragsgegner angeboten, bei Bedarf an anderer naher Stelle einen Schwerbehindertenparkplatz einrichten zu können.

Die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch der Ladesäule typischerweise entstehenden Beeinträchtigungen durch An- und Abfahrten, Türen- und Kofferraumschlagen bzw. Ein- und Aussteigen sowie Stimmen von Fahrgästen u.ä. sind von ihm als zumutbare sozialadäquate, aus dem Gemeingebrauch fließende Belastungen, ggf. auch in der Nachtzeit, hinzunehmen (vgl. betreffend Bushaltestelle und Wartehäuschen […]). Dass die Rechtsordnung diese Belastungen als grundsätzlich zumutbar wertet, ergibt sich auch aus der Straßenverkehrsordnung, die das Parken an öffentlichen Straßen überall, d.h. auch in reinen Wohngebieten, als Gemeingebrauch erlaubt […] Dies gilt explizit auch für elektrisch betriebene Fahrzeuge […]“

Auch die befürchteten Gesundheitsstörungen überzeugten das Gericht nicht. Noch einmal aus der Entscheidung:

“An substantiierten Darlegungen für eine ernstzunehmende Gesundheitsgefahr fehlt es bei summarischer Prüfung auch, soweit der Antragsteller eine Lichtverschmutzung oder Ladevibrationen geltend macht. Das vorgelegte Foto ist unbehelflich. Es lässt keinen Vergleich zur Helligkeit anderer Lichtquellen, z.B. Straßenlaternen, zu. Außerdem erscheint die abgelichtete, einem „Spot“ ähnliche punktuelle Lichtquelle dem Senat schon deshalb unrealistisch, weil das kleine Display für die Benutzer der Ladesäule nicht lesbar wäre. Weshalb sich der Antragsteller nicht durch Vorhänge oder Jalousien gegen den Lichteinfall schützen kann, hat er ebenfalls nicht dargelegt. Ebenso zweifelhaft erscheint dem Senat, dass sich durch „ein ständig wahrnehmbares Brummen, Surren und Vibrieren“ Gesundheitsgefahren für den Antragsteller ergeben sollen. Sollten durch einen Ladevorgang überhaupt Vibrationen verursacht werden, was nicht ansatzweise belegt ist, dürften diese kaum im Inneren des Hauses wahrnehmbar sein. Denn an den Unterstreifen, an dessen äußerem straßenseitigen Rand die Ladesäule steht, grenzen erst ein Gehweg von ca. 1,60 Meter Breite und dann - ausweislich der vorgelegten Lichtbilder - das um mehrere Meter vom abgezäunten Gehweg zurückversetzte Haus des Antragstellers an. Vor diesem Hintergrund hätte es substantiierter Ausführungen dazu bedurft, aus welchen - auch technischen - Gründen es zu den lediglich behaupteten Auswirkungen durch die Ladesäule kommen kann. Allein der pauschale Hinweis auf die übliche Konstruktionsweise eines in den 1960er Jahren errichteten Hauses genügt nicht.“



In einem weiteren Blog-Beitrag geht es auch um Elektromobilität. Elektroautos könnnten brennen und das Haus vernichten, wenn der Mieter in seiner Garage eine Wallbox errichten lässt, befürchteten die über 90 Jahre alten Vermieter. Vor Gericht überzeugten sie damit nicht.

[Zum Bau-News-Beitrag vom 25.11.2022 – Wallbox darf in Mietgarage]