Ehefrau haftet manchmal für Verträge des Mannes

20.07.2021 – Muss dann, wenn ein Ehemann einen Vertrag abschließt, die Ehefrau mithaften? Die Antwort: manchmal schon! Wenn das Geschäft der angemessenen Deckung des Lebensbedarfes dient.

Das zeigte eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt (OLG Frankfurt, Urteil vom 10.08.2018 – 8 U 109/14; rechtskräftig geworden durch BGH, Beschluss vom 24.02.2021 – VII ZR 178/18).

Es ging um einen Bauvertrag über 34.000 €.


Vertrag über Badrenovierung

Im Hessischen wollte ein Bauunternehmer für das Erbringen von Handwerksleistung Geld haben.

Er hatte einem Ehepaar Ende 2007 ein Angebot über die Renovierung eines Bades und eines Schlafzimmers geschrieben. Der Angebotspreis betrug rund 34.000 €. In einem unter dem gemeinsamen Briefkopf der Eheleute verfassten und – nur - vom Ehemann unterschriebenen Brief hieß es dann:

„Ihr Angebot vom 22. Dezember 2007 nehme ich, zunächst mit Ausnahme der Türen, unter der Voraussetzung an, daß damit auch sämtliche Abdeckarbeiten in unserem Hause und die Bautoilette sowie hochwertiges und umweltfreundliches Material […] eingeschlossen sind. Zahlungen auf den Auftrag erfolgen innerhalb einer Woche nach Vertragsausführung. Zahlungen zu Beginn der Arbeiten sind gegen Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft möglich“.

Die Baufirma begann daraufhin mit den Arbeiten. Doch der Ehemann war bald mit allem und jedem nicht einverstanden und wusste alles besser.


Feine Handwerksarbeiten

Später verfasste er ein weiteres Schreiben an die Baufirma, dass mit den Worten

“Ausführung von feinen Handwerksarbeiten im Objekt“

begann:

„[I]ch zeige Ihnen an, mich in dieser Sache selbst zum Rechtsanwalt zu bestellen. Ferner zeige ich Ihnen an, auch Frau [gemeint ist die Ehefrau] in dieser Sache zu vertreten. Ordnungsgemäße Bevollmächtigung wird anwaltlich versichert. […] Ihnen gegenüber habe ich mit Schreiben vom 14. April 2008 mitgeteilt, dass meine Mandantin und ich von ihrem [sic!] gesetzlichen Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB hinsichtlich Ihrer Gewerke, des auf unserer Baustelle lagernden Baumaterials, des Bauwerkzeugs und zweier Fresken Gebrauch machen […]. Meine Mandantin und ich sind an einer gütlichen Einigung unverändert interessiert. Ich darf Sie auffordern, auch im Namen meiner Mandantin, die vertraglich zugesicherten Arbeiten umgehend, spätestens am 16. April 2008 wiederaufzunehmen oder mir bis zum 16. April 2008 schriftlich mitzuteilen, daß Sie die Arbeiten am hiesigen Objekt nicht fortführen werden“.


Querulantensprech

Die Baufirma wird es nicht gewusst haben oder der Ehemann hatte sich im Vorfeld noch zurückgehalten: wer so formuliert – „feine Handwerksarbeiten“, vom Rest ganz zu schweigen - ist in 99 % aller Fälle ein Querulant. Oder gehört der Generation 95+ an. Mit ersten sollte man keine Verträge schließen. Die enden regelmäßig im endlosen Streit.


Kampf ums Geld

Die Baufirma versuchte es mit einer Abschlagrechnung. Die wurde nicht gezahlt. Auch als der Vertrag gekündigt wurde, erfolgte auf die Schlussrechnung keine Zahlung. Auf Briefe des Anwalts der Baufirma wurde auch nicht reagiert.

Also kam es zu einem Rechtsstreit, da die Baufirma ihr Geld haben wollte. Gegen Ehemann und Ehefrau. Obwohl letztere nichts unterschrieben hatte.

Wir wollen auf die Einzelheiten nicht eingehen, sie würden die Grenzen dieses Blog-Beitrags bei weitem sprengen. Jedenfalls wurde auf die Klage mit einer Widerklage der Eheleute reagiert, Klageabweisung beantragt und Schadensersatz für dies und jenes verlangt.


Prozesse liefen für das Ehepaar nicht gut

Nur so viel sei gesagt: Der Prozess lief für das Ehepaar in der ersten Instanz, am Landgericht, nicht gut. Nach Jahr und Tag wurden sie schließlich verurteilt, die Rechnung der Baufirma zu zahlen. Schadensersatz und ähnliches sollten sie nicht bekommen. Gegen diese Entscheidung des Landgerichts Frankfurt legten sie Berufung ein zum Oberlandesgericht Frankfurt. Das bestätigte die Auffassung der Kollegen vom Landgericht. Und auch damit war man noch nicht zufrieden und versuchte die Angelegenheit vor dem Bundesgerichtshof zu bringen. Der lehnte es jedoch ab, sich damit zu befassen.

In diesem Blog-Beitrag soll es nur um einen Teilaspekt gehen: unterschrieben hatte nur der Ehemann. Haftet dann auch die Ehefrau?

Ja, meinte das Oberlandesgericht. Schließlich hatte der Ehemann in seinem zweiten Schreiben an die Baufirma mehrfach das Wort „wir“ verwendet. Letztlich würde sich aber die Verpflichtung der Ehefrau bereits aus dem Gesetz ergeben. Dazu aus der Entscheidung des Oberlandesgerichts:

“Das Unterschreiben der Annahme des Angebots […] allein durch den Beklagten zu 2 steht dieser Einschätzung nicht entgegen. Selbst in diesem Annahmeschreiben hat der Beklagte zu 2 mehrmals durch das Verwenden des Wortes „wir“ deutlich gemacht, dass die Art und der Umfang der Arbeiten von der Beklagten zu 1 mitbestimmt waren. Nach dem objektiven Empfängerhorizont ist daher davon auszugehen, dass auch sie die Vertragspartnerin werden sollte. Deshalb hat der Beklagte zu 2 auch in ihrem Namen die Annahme erklärt. […]

Im Übrigen ergibt sich die Verpflichtung der Beklagten zu 1 hier auch aus § 1357 Abs. 1 Satz 2 BGB.

[…]Der der Klägerin erteilte Auftrag zur Vornahme von Handwerksleistungen gehört zu den Geschäften im Sinne des § 1357 BGB. Für die Frage, was zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs gehört, kann auf die §§ 1360, 1360a BGB zurückgegriffen werden, weil sich das Gesetz insoweit an einem unterhaltsrechtlichen Begriff orientiert […]. Der Auftrag diente hier der Deckung des Lebensbedarfs.

Der Umfang der in Auftrag gegebenen Arbeiten überschreitet auch nicht den durch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beklagten gezogenen Rahmen ihres Lebensbedarfs. Was noch zum Lebensbedarf gehört, bestimmt sich nach dem Lebenszuschnitt der Familie, wie er nach außen in Erscheinung getreten ist […]. Die Befugnis des ermächtigten Ehegatten bezieht sich nach dem Gesetzeswortlaut nur auf diejenigen Geschäfte, die auf den Lebensbedarf der Familie, also ihr Vermögen und ihr Einkommen, zugeschnitten sind […]. Insoweit ist es auch von Bedeutung, ob im Einzelfall eine Absprache zwischen den Eheleuten stattgefunden hat: Beruht das Geschäft erkennbar auf einer vorher getroffenen Absprache, ist darin ein Anhaltspunkt für einen entsprechenden Lebenszuschnitt der Familie zu sehen […]. Im Streitfall gibt es keine Anhaltspunkte, die aus Sicht der Klägerin Zweifel daran begründeten, dass sich der Umfang der Malerarbeiten noch innerhalb des durch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse gezogenen Rahmens hielt.

Die in Auftrag gegebenen Arbeiten dienten auch der angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Bekl. Von § 1357 BGB werden zwar grundsätzlich nur solche Geschäfte erfasst, die von einem Ehegatten selbständig erledigt zu werden pflegen; Geschäfte größeren Umfangs, die ohne Schwierigkeiten zurückgestellt werden könnten, sollen nach den Vorstellungen des Gesetzgebers nicht mehr unter § 1357 Abs. 1 BGB fallen […] Jedoch kann die Angemessenheit der Bedarfsdeckung durch Alleingeschäfte eines der Ehegatten nach den individuellen Verhältnissen der Eheleute insbesondere über das Übliche hinaus erweitert sein. Insbesondere wenn der Abschluss eines Rechtsgeschäfts - wie hier - erkennbar auf einer im Einzelfall erfolgten Abstimmung beider Ehegatten beruht, besteht im Allgemeinen kein Anlass, an der Angemessenheit eines zur Deckung des Lebensbedarfs der Familie geschlossenen Rechtsgeschäfts zu zweifeln. Dann nämlich tritt die Notwendigkeit zurück, den mit dem Abschluss eines solchen Geschäfts einverstandenen Ehegatten vor einer Inanspruchnahme daraus zu bewahren, und das möglicherweise bestehende Vertrauen des Geschäftspartners auf eine Mithaftung des Ehegatten zu enttäuschen.“


Baufirma hat hoffentlich gelernt

Die Eheleute müssen jetzt einen erheblichen Betrag an die Baufirma zahlen. Und die hat hoffentlich daraus gelernt, Querulanten besser zu erkennen.


Siehe auch:

[Bau-News-Beitrag vom 24.02.2020 - Querulanten & Co. muss ein Gericht nicht antworten]