Gewerbemieter muss nach Kündigung Bereitschaft zum Auszug nicht bestätigen
14.08.2023 – Eine Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. So lernen es die Jurastudierenden bereits im ersten Semester. Übersetzt aus der Juristensprache heißt das zum Beispiel für ein Mietverhältnis: der Vermieter kann einseitig kündigen. Entscheidend ist nur, dass die Kündigung dem Mieter zugeht. Mehr nicht!
Muss der Mieter dann aber dem Vermieter bestätigen, dass er fristgerecht auszieht? Nein, entschied der Bundesgerichtshof (BGH, Beschluss vom 28.06.2023 – XII ZB 537/22).
Er muss das auch dann nicht bestätigen, wenn er Gewerbemieter ist.
Ein recht kurzes Arztpaxis-Mietverhältnis
Im Ruhrgebiet, in Duisburg knirschte es zwischen Vermieter und Mieter. Der Mieter hatte im August 2018 Gewerberäume als Arztpraxis angemietet. Doch schon im März 2022 kündigte der Vermieter die Räume ordentlich zum 30.09.2022.
Warum auch immer, der Vermieter wartete auf eine Reaktion des Arztes. Die kam nicht. So ließ er ihn durch seinen Anwalt Ende April 2022 auffordern, bis Mitte Mai 2022 die fristgerechte Räumung der Mieträume zu bestätigen.
Der Arzt reagierte weiterhin nicht
Daraufhin verklagte ihn der Vermieter im Juli 2022 vor dem Landgericht Duisburg auf künftige Räumung. Die Reaktion des Arztes: selbstverständlich werde er fristgerecht räumen. Damit war der Prozess entschieden und das Landgericht Duisburg entschied, dass der Vermieter alle Prozesskosten zu tragen habe. Der war damit ganz und gar nicht einverstanden und legte Beschwerde zum Oberlandesgericht Düsseldorf ein. Doch das bestätigte die Entscheidung der Duisburger Kollegen. Der Arzt habe niemals erklärt, die Räume nicht fristgerecht räumen zu wollen. Warum solle er dann für die Kosten des Prozesses aufkommen?
Der Vermieter gab weiterhin nicht auf und legte eine Rechtsbeschwerde zum höchsten deutschen Zivilgericht, dem Bundesgerichtshof ein. Vergeblich. Das entschied, dass ein Mieter nicht verpflichtet ist, vorzeitig zu erklären, dass er die Räume räumt. Auch nicht, wenn der Vermieter nachfragt und auch nicht im Gewerbemietverhältnis. Aus der Entscheidung:
“Richtig hat das Oberlandesgericht zunächst angenommen, dass der Schuldner im Allgemeinen vor Fälligkeit des Anspruchs grundsätzlich nicht verpflichtet oder zur Vermeidung eigener Kostennachteile gehalten ist, sich zu seiner Leistungsbereitschaft zu erklären […] Durchgreifende Gründe, dies für das gewerbliche Mietrecht anders zu beurteilen, bestehen nicht […]
Weil der Schuldner Veranlassung zur Klageerhebung […] nur dann gegeben hat, wenn aus seinem Verhalten darauf zu schließen war, dass er seine Verpflichtungen bei Fälligkeit nicht erfüllen wird […] Ohne derartige Anhaltspunkte besteht dagegen - gerade vor Fälligkeit des Anspruchs - regelmäßig kein Grund für Misstrauen an einem pflichtgemäßen Verhalten des Schuldners und damit für eine Klage zur vorsorglichen Durchsetzung des Anspruchs. Allein aus dem Schweigen des Mieters auf eine Aufforderung des Vermieters, sich über seine künftige Vertragstreue und Leistungsbereitschaft zu erklären, ergeben sich derartige Anhaltspunkte grundsätzlich nicht. Zwar liegt bei ei nem ungestörten Vertragsverhältnis nach allgemeinen Gepflogenheiten nahe, dass die Vertragspartner auf Fragen des anderen Vertragsteils in irgendeiner Weise reagieren, und sei es nur mit der Mitteilung, dass die Frage (derzeit) nicht beantwortet werden könne. Aus dem Ausbleiben einer Reaktion kann dennoch ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht auf eine fehlende Erfüllungsbereitschaft geschlossen werden, weil dieses auf vielfältigen Gründen beruhen kann. Mangels einer Verpflichtung des Schuldners, sich zu seiner Erfüllungsbereitschaft zum Fälligkeitszeitpunkt zu erklären, ist das bloße Schweigen auf eine derartige Anfrage mithin im Regelfall nicht als Ausdruck des Fehlens der Erfüllungsbereitschaft zu deuten. Anlass, für das gewerbliche Mietrecht von diesen Grundsätzen abzuweichen, besteht nicht.“
Thema jetzt endgültig geklärt
Fairerweise muss man sagen, dass der Vermieter den Prozess nicht ganz ins Blaue hinein geführt hatte. Es gab in der Tat zuvor einige Gerichtsentscheidungen, wonach ein Mieter auf Nachfrage bestätigen müsse, pünktlich ausziehen zu wollen. Durch die Entscheidung des Bundesgerichtshof ist diese Frage aber nun endgültig geklärt.
Kündigungen von Gewerbe- und Wohnraum-Mietverhältnissen waren in der Vergangenheit schon öfter Thema im Bau-News-Blog: