Handwerker, der wirbt, alles selber zu machen, darf nicht Subunternehmer einsetzen
09.06.2021 – Darüber, dass einem zu starke Worte in der Werbung schnell auf die Füße fallen können, hatten wir in unseren Bau-News schon öfter berichtet. Jetzt traf es einen Handwerksbetrieb in Mecklenburg-Vorpommern. Mit starken Worten hatte der suggeriert, er würde alles selber machen: „… als Hersteller, Zertifizierer und Verarbeiter in einer Firma“. Eine Aussage, an der nichts dran war. Man setzte nämlich Subunternehmer ein.
Das Oberlandesgericht Rostock (OLG Rostock, Beschluss vom 17.02.2021 – 2 U 11/20) machte Schluss mit dieser großspurigen Werbung.
Ein zu großes WIR
Im Norden von Mecklenburg-Vorpommer, im Großraum von Rostock, machte ein Handwerksbetrieb massiv Werbung. Bis hin zur Gefühligkeit. „Wir“, war zu lesen. „In Familienhand“, „mit unserem guten Namen für die Arbeit“. Oder: „wir haften mit unserem gesamten Hab und Gut“ hieß es weiter. Und, dass man Hersteller, Zertifizierer und Verarbeiter in einer Firma sei.
Auf diese Werbung wurde die Konkurrenz aufmerksam. Und stellte fest, dass daran wenig bis nichts stimmte. Die Firma setzte Subunternehmer. Ein Teil ihrer Arbeiten unterlag nämlich dem sogenannten Meisterzwang. Und den gab es in der Handwerksfirma nicht.
Man mahnte die Firma ab, diese Werbung zu unterlassen. Vergeblich. Die Sache kam vor das Landgericht Rostock. Dort wurde die Firma zu Unterlassung solcher unwahren Werbung verurteilt. Doch sie sah das nicht ein und legte Berufung ein. Zum Oberlandesgericht Rostock. Dort sah man die Sache ähnlich, wie die Richter in der Vorinstanz. Man teilte in einem Beschluss mit, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe. Das las sich so:
“Es entspricht in der veröffentlichten Rechtsprechung […] einhelliger Auffassung, dass der durchschnittliche Verbraucher bei einem Handwerksbetrieb im Zweifel eine Leistungserbringung durch seinen Vertragspartner selbst bzw. dessen eigenes Personal erwartet und daher eine Werbung, die den Einsatz von Subunternehmern „unterschlägt“, irreführend und damit wettbewerbswidrig ist […] Das gilt allemal dann, wenn die Werbung durch Formulierungen wie „aus einer Hand“ zusätzlich unterstreicht, dass keine Dritten eingeschaltet sind.“
Der Maracuja-Vergleich des Gerichts
Ganz und gar nicht war das Gericht von dem Einwand des Handwerksbetriebs überzeugt, man würde schon dann, wenn die Kunden kämen, offenlegen, dass man mit Subunternehmern arbeite. Ein „Maracuja–Vergleich“ des Gerichts machte deutlich, was davon zu halten ist:
“Ersichtlich neben der Sache liegt der Einwand der Beklagten, die Werbung sei deshalb nicht irreführend, weil dem jeweiligen Kunden gegenüber spätestens im Zuge der konkreten Auftragsgespräche offengelegt werde, dass – ggf. – für die Leistungserbringung ein Subunternehmer eingeschaltet wird. Darauf kann es mit Blick auf die Zielrichtung des Lauterkeitsrechts, das Verschaffen wettbewerbswidriger Marktvorteile in jeder Hinsicht und vor allen Dingen in jeder – auch frühen – Geschäftsanbahnungsphase zu unterbinden, nicht ankommen. Vielmehr ist die beanstandete Werbung – die ja schon als solche einen kundenstromleitenden Effekt auslösen soll und oftmals auch wird – für sich genommen zu betrachten. Anderenfalls könnte sich z. B. ein Supermarkt- oder Discounterbetreiber, der in einer Broschüre Maracujanektar als „Maracujasaft“ bewirbt, vom Vorwurf der Wettbewerbswidrigkeit […] freizeichnen, indem er dann dem Kunden in der konkreten Verkaufssituation – vor Ort im Markt – berichtigend mitteilt, es handele sich nur um Nektar. Dass derartige Ansätze unter lauterkeitsrechtlichen Gesichtspunkten nicht ernstlich in Betracht kommen können, bedarf keiner weiteren Ausführungen. Der Hinweis auf einen – zumindest möglichen – Subunternehmereinsatz muss schon im Rahmen des Werbeslogans selbst erfolgen.“
Es ist nicht egal, wer die Arbeit macht
Auch der Einwand, eigentlich sei es doch dem Verbraucher egal, wer die Arbeit mache, wurde vom Oberlandesgericht zurückgewiesen:
“ Was der Verbraucher bei handwerklichen Leistungen typischerweise erwartet, ist die Leistungserbringung durch seinen Vertragspartner bzw. dessen eigenes Personal. Insbesondere wird der Verbraucher regelmäßig das „Einstehen“ seines Vertragspartners nicht nur in einem finanziell-haftungsrechtlichen Sinn begreifen (und erwarten) – insofern ergäbe sich aus dem Subunternehmereinsatz für den Kunden in der Tat kein Nachteil, sondern potentiell sogar ein weiterer Schuldner (aus Delikt / Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter) und damit jedenfalls abstrakt eine Aufwertung seiner Rechtsposition – , sondern gerade auch oder sogar vorrangig in einem spezifisch handwerklich-berufsethischen Sinn. Auf eben diese Erwartungshaltung ist die von der Beklagten gewählte Werbeaussage auch erkennbar zugeschnitten, indem sie auf das Einstehen „mit unserem guten Namen für die Arbeit“ abhebt.“
Das wird teuer
Wir wissen nicht, welchen Gegenstandswert das Gericht für den Prozess ansetzte. Üblicherweise sind es bei derartigen Streitigkeiten zwischen 20.000 und 50.000 EUR. Da kann ein verlorener Prozess schon knapp fünfstellige Kosten verursachen.
Schon in weiteren Bau-News-Beiträgen hatten wir über großspurige Werbung berichtet, die den Firmen auf die Füße fiel:
[Zum Bau-News-Beitrag vom 19.11.2018 - Aufzug muss leise sein in "Stadtwohnung der Spitzenklasse"]