Mietminderung bei Wohnungsmangel auch für die Zeit, in der Mieter außer Haus sind

26.10.2023 – Dass Minderungsansprüche bestehen können, wenn eine Mietsache mangelhaft ist, dürfte nicht streitig sein. Doch was ist dann, wenn die Mieter von dem Mangel gar nicht so schwer getroffen sind? Beispielsweise, weil sie tagsüber aus beruflichen oder sonstigen Gründen abwesend sind.

Dadurch wird die Mietminderung nicht ausgeschlossen, entschied das Berliner Amtsgericht Schöneberg (AG Schöneberg, Urteil vom 08.02.2022 – 17 C 96/21).

Schon lange lebten Mieter in einer 4-Zimmer-Wohnung im 4. Obergeschoss eines Miethauses im Berliner Bezirk Schöneberg. Seit 1977. Die Miete ist für Berliner Verhältnisse noch günstig. 809,00 € brutto/kalt sind jeden Monat zu zahlen.


Bauarbeiten bleiben Mangel auch wenn Mieter außer Haus

Seit Dezember 2020 erfolgten am Haus Bauarbeiten. Das Dachgeschoss wurde umgebaut. Das Wohnhaus wurde eingerüstet und die Fenster mit Folien verklebt. In der Wohnung der Mieter blieb das nicht ohne Folge. Fanden doch die Arbeiten direkt darüber statt. Risse und Putzschäden entstanden. Schließlich gab es auch noch einen Wasserschaden. Die Mieter zahlten ihre Miete nur noch unter Vorbehalt und forderten schließlich einen Teil zurück. Als Mietminderung. Die Vermieterin sah das nicht ein. Die Mieter würden doch tagsüber gar nicht so stark beeinträchtigt. Sie würden sich aus beruflichen oder sonstigen Gründen nicht in der Wohnung aufhalten.

Schließlich kam es zu einem Prozess vor dem Amtsgericht Schöneberg. Den Mietern steht ein Minderungsrecht zu. Auch wenn sie sich nicht durchgehend in der Wohnung aufhalten, entschied das Gericht. Aus dem Urteil:

“Die Kläger können sich mit Erfolg auf ein Minderungsrecht berufen. Gemäß § 536 Abs. 1 BGB ist die vereinbarte Miete kraft Gesetzes gemindert, wenn die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder (erheblich) mindert, oder ein solcher Mangel während der Mietzeit entsteht. Ein derartiger Mangel ist dann gegeben, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand abweicht […] Ob und in welchem Umfang der Mieter von der Mietsache überhaupt einen Gebrauch gemacht hat, ist dabei unerheblich […] Die Minderung wird deshalb nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Mieter tagsüber aus beruflichen oder sonstigen Gründen abwesend ist […] Das Minderungsrecht ist nicht aufgrund § 15 Nr. 3 des Mietvertrages ausgeschlossen. Die Regelung, die dem Mieter im Falle von Instandsetzungs- oder sonstigen Bauarbeiten, sämtliche Rechte abspricht, ist für ihn nachteilig und damit […] unwirksam.“


Höhe der Minderung Frage des Einzelfalles

Wie hoch die Minderungsquote ist, ist immer eine Frage des Einzelfalles. In dem Schöneberger Fall wurde sogar noch zwischen den einzelnen Mängeln bzw. Beeinträchtigungen differenziert. Noch einmal aus der Entscheidung:

“Allerdings war hinsichtlich des Minderungsanspruchs zwischen den einzelnen Mängeln bzw. Beeinträchtigungen zu differenzieren. Denn die Abstellung eines Mangels führt auch zur Reduzierung der Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs […] Dabei ist das Gericht der Auffassung, dass es sich bei den Rissen […] lediglich um optische Mängel handelt, die zwar instandzusetzen sind, aber den vertragsgemäßen Gebrauch nicht erheblich beeinträchtigen.

Insoweit hält das Gericht folgende Minderungsquoten - auch unter Berücksichtigung des Baufortschritts - als untere Grenze für berechtigt:
- Dachgeschossausbau 12%
- Gerüst, einschließlich verklebter Fenster (je 5%) 10%
Wasserschaden und große Putzschäden in der Wohnung (Decke) 8%.“





Bei (bloßem) Baulärm gibt es in der Regel keine Mietminderung, entschied der Bundesgerichtshof:

[Zum Bau-News-Beitrag vom 28.08.2020 - (In der Regel) Keine Mietminderung wegen Baulärm]