Stundenlohnarbeiten: Baufirma muss die abgerechneten Stunden nicht aufschlüsseln

05.04.2023 – Nach Stundensätzen abzurechnen ist auf dem Bau nicht unüblich, wird aber nicht so häufig vereinbart. Das Streitrisiko ist bei Stundenlohnarbeiten natürlich größer als etwa bei Pauschalpreisvereinbarungen oder Einheitspreisvereinbarungen: wurden vielleicht durch zu langsames Arbeiten Arbeitsstunden geschunden? Und vor allem: Wie kann das im Einzelnen nachgeprüft werden? Wie konkret muss die Abrechnung dann sein?

Wieder einmal lag dem höchsten deutschen Zivilgericht, dem Bundesgerichtshof (BGH, Beschluss vom 01.02.2023 – VII ZR 882/21), ein Stundenlohnvertrag vor.

Der Bundesgerichtshof entschied, so wie zuvor schon öfter, dass die schlüssige Abrechnung eines Stundenlohnvertrages grundsätzlich keine Differenzierung in der Art voraussetzt, dass die abgerechneten Arbeitsstunden nach zeitlichen Abschnitten aufgeschlüsselt werden müssen.


15 Reihenhäuser und eine Malerfirma

In München war es zum Streit gekommen. 15 Reihenhäuser wurden dort gebaut. Mit den Malerarbeiten war eine Malerfirma beauftragt worden. Teils durch Zuruf auf der Baustelle („das muss auch noch gemacht werden“). Später stand auch noch die Frage im Raum, ob so überhaupt wirksam ein Auftrag erteilt worden war. Das soll aber nicht Thema dieses Blogbeitrages sein.

Vereinbart, so die Malerfirma, war ein Arbeiten auf Stundenbasis. 38 € netto pro Stunde. Zwischendurch legte die Malerfirma Zwischenrechnungen vor und am Schluss erstellte sie eine Schlussrechnung über knapp 41.000 €. Davon waren aufgrund der Zwischenrechnungen bereits 13.000 € bezahlt worden.

Den Rest bekam die Malerfirma nicht. Eine der Begründungen dafür war, dass die Stundenlohnarbeiten nicht nachvollziehbar abgerechnet worden seien. Es sei nicht erkennbar gewesen, wer in welcher Stunde was gemacht habe.

So kam es zum Prozess. In der ersten Instanz, vor dem Landgericht München I verlor die Malerfirma. Auch in der Berufungsinstanz, vor dem Oberlandesgericht München verlief es nicht besser. Doch sie gab nicht auf und legte den Fall dem Bundesgerichtshof vor. Und der wies daraufhin, dass es eine ständige Rechtsprechung gäbe, wonach nicht so abgerechnet werden müsse, dass für jede abgerechnete Stunde jede einzelne Tätigkeit dargelegt werden muss. Aus dem Beschluss:

“Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Unternehmer zur schlüssigen Begründung eines nach Zeitaufwand zu bemessenden Vergütungsanspruchs im Ausgangspunkt nur darlegen und gegebenenfalls beweisen, wie viele Stunden für die Erbringung der Vertragsleistungen mit welchen Stundensätzen angefallen sind. Demgegenüber setzt die schlüssige Abrechnung eines Stundenlohnvertrags grundsätzlich keine Differenzierung in der Art voraus, dass die abgerechneten Arbeitsstunden einzelnen Tätigkeiten zugeordnet und/oder nach zeitlichen Abschnitten aufgeschlüsselt werden. Solch eine Zuordnung mag sinnvoll sein. Zur nachprüfbaren Darlegung des vergütungspflichtigen Zeitaufwands erforderlich ist sie nicht, weil seine Bemessung und damit die im Vergütungsprozess erstrebte Rechtsfolge nicht davon abhängt, wann der Unternehmer welche Tätigkeit ausgeführt hat […]

Unter Anwendung dieses Maßstabs ist der Vortrag der Klägerin zur Anspruchshöhe schlüssig. Die Klägerin hat dargelegt, dass sie für insgesamt 15 Häuser Malerarbeiten ausgeführt hat, und zwar bei den Häusern Nr. 1-6 und Nr. 15 sowohl für den Innen- als auch für den Außenbereich, bei den Häusern 7-14 lediglich für den Außenbereich. Die Klägerin hat des Weiteren dargelegt, wie viele Stunden auf welche Gewerke angefallen sind.“


Der Streit geht zurück an das Oberlandesgericht

Es ist schon unverständlich, warum sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshof zur Abrechnung von Stundenlohnarbeiten nicht kannten. Inhaltlich ist sie durchaus nachvollziehbar und richtig. Es interessiert nicht wirklich, ob die linke Wand eines Zimmers in der dritten oder vierten Stunde gemalert wurde. Entscheidend ist das Gesamtergebnis.


Wenn genauer abgerechnet werden soll

Für diejenigen, die es trotzdem konkret abgerechnet haben wollen, gab der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss einen Hinweis:

“Sie muss deshalb vom Unternehmer nur in den Fällen vorgenommen werden, in denen die Vertragsparteien eine dementsprechend detaillierte Abrechnung rechtsgeschäftlich vereinbart haben.“

Ob man dafür eine Firma findet, die sich auf so etwas einlässt, ist natürlich eine andere Frage.




Siehe auch:

[Zum Bau-News-Beitrag vom 02.01.2019: Mitarbeitername muss bei Stundenlohnabrechnung nicht angegeben werden]



Weitere Blog-Beiträge befassen sich mit Handwerkerrechnungen:

[Zum Bau-News-Beitrag vom 30.03.2012 - Neue Urteile: Berechnung von An- und Abfahrt möglich?]

[Zum Bau-News-Beitrag vom 24.09.2016 - Urteil: Kunden darf kein Geld für Pausenzeiten berechnet werden]