Überschuldeter Architekt verliert Zulassung – doch manchmal gibt es einen Lösungsweg

28.07.2023 – Ein Architekt oder eine Architektin hat auch immer die Vermögensinteressen seines Auftraggebers zu wahren. Damit kann man in Schwierigkeiten geraten, wenn man überschuldet ist. Deshalb wird ein Architekt in der Architektenliste gelöscht, wenn er überschuldet ist und es keine Hinweise auf einen baldigen Schuldenabbau gibt. Er gilt dann als nicht mehr zuverlässig.

Eine Entscheidung des Oberverwaltungsgericht Nordrheinwestfalen (OVG NRW, Beschluss vom 14.04.2023 – 4 B 866/21) zeigt aber einen Lösungsweg. Mit dem die Streichung aus der Architektenliste verhindert werden kann.


Plötzlich unverschuldet überschuldet

Ein Architekt im nordrhein-westfälischen Ostwestfalen war in Vermögensverfall geraten. Jahrelang war er unbeanstandet seiner Tätigkeit nachgegangen. Dafür, dass er auf einmal überschuldet war, konnte er nichts. Das stellte auch später das Gericht fest.


Aus Architektenliste gestrichen

Die Architektenkammer erfuhr davon. Sie strich ihn aus der Architektenliste. Er durfte sich nicht mehr Architekt nennen und verlor auch die Baulagevorberechtigung. Damit er sich nicht in ein Rechtsmittel flüchten konnte, ordnete die Architektenkammer die sofortige Vollziehung der Streichung an.

Der Architekt legte dagegen Widerspruch ein und beantragte beim Verwaltungsgericht einstweiligen Rechtsschutz. Vergeblich. Das Verwaltungsgericht Minden bestätigte die Streichung aus der Architektenliste. Der Mann gab nicht auf und legte Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht NRW ein. Vergeblich. Dort sah man die Sache so wie in Minden. Aus dem Beschluss:

“[…] ist die Eintragung eines Architekten aus der Architektenliste unter anderem dann zu löschen, wenn nach der Eintragung Tatsachen eintreten oder bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass er die für die Wahrnehmung der Berufsaufgaben […] erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt […] Das ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn ein Architekt überschuldet ist und über kein tragfähiges Sanierungskonzept verfügt, das den Schluss auf einen baldigen Schuldenabbau rechtfertigt. Ein Architekt hat seine Auftraggeber in Fragen, die mit der Planung und Durchführung eines Vorhabens zusammenhängen, unabhängig zu beraten und zu betreuen. Er hat die berechtigten Interessen, insbesondere auch die Vermögensinteressen eines Auftraggebers, zu wahren. Bei einem überschuldeten Architekten besteht die Gefahr, dass er sich – möglicherweise auch auf Druck seiner Gläubiger – bei seinen Handlungen von eigenen finanziellen Interessen und übertriebener Gewinnorientierung leiten lässt. Es bedarf deshalb des Nachweises besonderer Umstände, dass trotz „finanzieller Schieflage“ für die Zukunft eine Interessengefährdung fern liegt […]

Dass der Antragsteller, wie er vorträgt, bislang unbeanstandet seiner Tätigkeit nachgegangen und unverschuldet in Vermögensverfall geraten ist, rechtfertigt keine andere Bewertung. Hierauf hat das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen. Die Annahme der Unzuverlässigkeit setzt kein Verschulden des Architekten voraus. Sie knüpft an objektive Tatsachen an, die hinsichtlich der künftigen Tätigkeit des Architekten eine ungünstige Prognose rechtfertigen. Auf den Grund der Entstehung von Schulden und der Unfähigkeit zur Erfüllung der Zahlungspflicht kommt es nicht an.“


„Segelanweisung“ könnte helfen

Doch das Oberverwaltungsgericht gab auch eine „Segelanweisung“ auf den Weg, wie Architekten in solchen Situationen weiterhin Architekt bleiben können. Noch einmal aus der Entscheidung:

“Ausnahmsweise kommt danach eine andere Beurteilung auch ohne Sanierungskonzept in Betracht, wenn trotz Überschuldung im Einzelfall keine Gefahren für diejenigen Personen bestehen, die Architektenleistungen in Anspruch nehmen möchten. Denn die Unzuverlässigkeit folgt nicht aus der wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit als solcher, sondern aus der Tatsache, dass der Betreffende aus seiner Leistungsunfähigkeit nicht die angemessenen Folgerungen gezogen hat […]

Die Annahme einer solchen Sondersituation setzt jedoch zumindest voraus, dass ein überschuldeter Architekt, um die Löschung aus der Architektenliste zu vermeiden, seine selbstständige Tätigkeit vollständig und nachhaltig aufgibt, nur noch als angestellter Architekt auftritt und mit seinem Arbeitgeber rechtlich abgesicherte Maßnahmen verabredet hat, die eine Gefährdung der Kunden effektiv verhindern.“

Dem ostwestfälischen Architekten nutzte das nicht. Die Voraussetzungen lagen bei ihm nicht vor.




Siehe auch:

[Bau-News-Beitrag vom 15.11.2018: Architekt darf sich nicht jeder nennen – falschen Architektenstempel zu verwenden ist Straftat]

[Zum Bau-News-Beitrag vom 29.11.2019: Steuerhinterziehung – Architekt kann aus Architektenliste gestrichen werden]

[Zum Bau-News-Beitrag vom 20.05.2020: Architekt ist pleite – Streichung aus der Architektenliste]

[Zum Bau-News-Beitrag vom 25.03.2021: Architekt mit Geldproblemen – nur Sanierungskonzept kann Löschung aus Architektenliste verhindern]

[Zum Bau-News-Beitrag vom 10.01.2022: Als Architekt ausgegeben - Freiheitsstrafe]

[Zum Bau-News-Beitrag vom 06.02.2023 - Architekt muss (manchmal) über seine Vorstrafe aufklären]