Vermieter*in muss Schädlingsbefall beseitigen – ohne wenn und aber
21.04.2022 – Eine Vermieter*in muss Schädlingsbefall in einer Mietwohnung beseitigen. Und wenn dazu die Mietwohnung geräumt werden muss, ist ein Ausweichquartier zur Verfügung zu stellen.
Das entschied das Amtsgericht Frankfurt am Main (AG Frankfurt, Beschluss vom 21.06.2021 – 33 C 1888/21).
Böse Überraschung nach Besuch eines Mitbewohners im Haus
In einer Mietwohnung in Frankfurt waren Bettwanzen aufgetaucht. Die sind Ungeziefer, dass fachgerecht bekämpft werden muss. Wahrscheinlich, darüber waren sich alle einig, hatte die Mieterin den Bettwanzenbefall in ihre Wohnung eingeschleppt, als sie betagten Mieters im zweiten Obergeschoss aufsuchte, um den sie sich gekümmert hatte.
Man versuchte es mit zwei Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen, am 16.04.2021 und einige Tage später. Doch ohne Erfolg.
Lange Liste von Vermieterforderungen
Es blieb noch die Möglichkeit einer Bettwanzenbekämpfung durch Wärmebehandlung. Die Vermieterin machte das jedoch davon abhängig, dass sich die Mieterin für drei bis vier Tage in Eigeninitiative und auf eigene Kosten eine Ausweichquartier sucht. Außerdem wurde die Mieterin schriftlich aufgefordert, einige nicht mehr benötigte Haushaltsgegenstände und Möbelstücke fachgerecht zu entsorgen oder auf eigene Rechnung eine Vereinbarung über die Desinfektion in einer externen Hitzekammer zu treffen. Schließlich habe, so die Vermieterin, die Mieterin einen Starkstromzugang der Schädlingsbekämpfungsfirma zu Verfügung zu stellen. Und auch noch eine fachgerechte Prüfung vorzunehmen, was sich als Trittschalldämmung unter dem Bodenbelag befindet. Alles auf Kosten der Mieterin. Erst wenn dieses alles geschehen und geklärt sei, werde sie den Auftrag dem Schädlingsbekämpfer erteilen.
Die Mieterin war schockiert. Vor allem auch von dem Vorwurf, sie hätte durch falsches Wohnverhalten den Schädlingsbefall verursacht. Sie dürfe doch einen anderen Mieter besuchen, meinte sie. Und außerdem: warum müsse sie für eine Schädlingsbekämpfung Kosten aufbringen.
Die Vermieterin blieb stur. So beantragte die Mieterin beim Amtsgericht Frankfurt am Main den Erlass einer einstweiligen Verfügung.
Mit Erfolg. Aus dem Beschluss:
“ Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB einen Anspruch auf Beseitigung der Bettwanzen. Schädlinge wie Bettwanzen stellen einen Mangel der Mietsache dar, den grundsätzlich der Vermieter zu beseitigen hat. Etwas Anderes kann nur dann gelten, wenn der Mieter durch falsches Wohnverhalten den Schädlingsbefall verursacht hat. Einen pflegebedürftigen Mitbewohner in seiner Wohnung zu besuchen und anschließend in die eigene Wohnung zurückzukehren gehört zum normalen Mietgebrauch und kann der Antragstellerin nicht vorgeworfen werden.
Die Antragsgegnerin hat also den Bettwanzenbefall zu beseitigen. Die Antragsgegnerin kann die Durchführung der Arbeiten nicht davon abhängig machen, dass die Antragstellerin auf eigene Initiative und auf eigene Kosten eine Ersatzunterkunft sucht. Es wäre vielmehr Aufgabe der Antragsgegnerin, der Antragstellerin für die Zeit der Durchführung der Maßnahmen eine Ersatzunterkunft zur Verfügung zu stellen.
Ebenso wenig kann die Antragsgegnerin von der Antragstellerin verlangen, Haushaltsgegenstände und Möbel entweder zu entsorgen oder auf eigene Kosten von der Firma … reinigen zu lassen. Die Reinigung aller Möbel und Haushaltsgegenstände ist Aufgabe der Antragsgegnerin […]
Es ist nicht Aufgabe der Antragstellerin, einen Starkstromzugang zur Verfügung zu stellen oder zu prüfen, ob sich Teppichboden als Trittschalldämmung unter dem eigentlichen Bodenbelag befindet.
Eilbedürftigkeit ist gegeben. Es liegt nicht an der Antragstellerin, dass die Arbeiten noch nicht durchgeführt worden sind. Ein weiteres Zuwarten ist der Antragstellerin nicht zumutbar.“
Schädlingsbekämpfungsklauseln im Mietvertrag unwirksam
Ungezieferbeseitigung ist Aufgabe eines Vermieters. Immer wieder wurde jedoch in der Mietpraxis versucht, dass den Mietern zu übertragen. Etwa durch Klauseln im Mietvertrag, wonach diese die Kosten für die Schädlingsbekämpfungen zu tragen hätten. Doch solche Klauseln sind unwirksam.
Um Schädlinge ging es auch in anderen Berichten unseres Bau-News-Blog:
[Zum Bau-News-Beitrag vom 16.01.2019: Massiver Holzwurmbefall – Käufer kann Hauskauf rückabwickeln]