Wallbox darf in Mietgarage
25.11.2022 – Ein Mieter hat regelmäßig Anspruch auf eine Erlaubnis zur Installation einer Wallbox für das Laden eines Elektrofahrzeugs in der Garage. So entschied das Landgericht München I (LG München I, Urteil vom 25.05.2022 – 14 S 16374/21).
Da half den über 90-jährigen Vermietern auch nicht ihre vehemente Abneigung gegen Elektromobilität.
Brennende Elektrofahrzeuge
In München hatte ein Mieter ein Reihenhaus angemietet. Mit vermietet war unter anderem eine auf dem Anwesen gelegene Einzelgarage.
Der Mieter wollte mit der Zeit gehen und auf ein Elektroauto umsteigen. Dazu benötigte er die Erlaubnis der Vermieter zur Installation Wallbox in der Garage für das Laden des Elektroautos und eine weitere Erlaubnis, sich hierfür bei einem Stromanbieten anzumelden.
Die Vermieter lehnten das mit Vehemenz ab. Es kam zu Prozess vor dem Amtsgericht München. Die Begründung der Vermieter las sich so:
“Die Beklagten setzten sich in erster Instanz vehement gegen die Klage zur Wehr, wobei sie insbesondere auf eine aus „Presse, Rundfunk und Fernsehen“ bekannte Gefahr „brennender Elektrofahrzeuge“ verwiesen. Man habe sich das Haus „buchstäblich vom Buckel abgespart“ und nun komme „der Kläger daher“ und mute ihnen „wegen einem Elektroauto [zu, die] Altersversorgung aufs Spiel [zu] setzen“. Die Gewinnung von Rohstoffen für die Produktion von Elektroautos gehe überdies mit „einer enormen Umweltverschmutzung in der Dritten Welt“ einher. Zudem würden dadurch viele Menschenleben gefährdet. Dies sei „unmoralisch“. Die „Technik der Elektromobilität [habe] für Privatautos keine Zukunft“.
Berufung mit neuem - und falschem - Argument
Die Vermieter verloren auf ganzer Linie. Doch sie gaben nicht auf und legten Berufung ein. Mit einem neuen Argument:
„Mit gravierendem zeitlichen und finanziellen Aufwand müssten neue Leitungen durch den Vorgarten der Häuser verlegt und dabei Sträucher und Bäume versetzt sowie die Pflasterung des Garagenplatzes aufgerissen werden.“
Der Stromversorger, die Stadtwerke München sah das allerdings anders. Das würde nicht stimmen.
Auch in der Berufungsinstanz scheiterten die Vermieter
Im Urteil las sich das so:
“Der Anspruch des Klägers aus § 554 Abs. 1 S. 1 BGB ist auch nicht aus sonstigen Gründen nach § 554 Abs. 1 S. 2 BGB ausgeschlossen. Die baulichen Veränderungen sind den Beklagten vielmehr zumutbar. Das Interesse des Klägers am Einbau der Wallbox in die von ihm angemietete Garage überwiegt das Konservierungsinteresse der beklagten Vermieter deutlich […]
Auf Seiten des Klägers ist insbesondere zu berücksichtigen, dass er durch die Installation der Wallbox nicht mehr auf die Nutzung öffentlicher Ladestationen angewiesen, sondern das Laden seines Elektrofahrzeugs in der eigenen Garage möglich sein wird.
Auf Seiten der Beklagten sind deren Konservierungsinteresse sowie die Kosten eines etwaigen Rückbaus zu berücksichtigen.
Bezüglich des Konservierungsinteresses der Beklagten ist zu beachten, dass die baulichen Änderungen vorliegend in der Tat denkbar gering ausfallen […]
Dabei handelt es sich lediglich um die Befestigung der Wallbox an der Garagenwand und deren Verbindung mit dem ohnehin vorhandenen Starkstromanschluss. Ferner muss der Sicherungsverteiler erweitert werden. Angesichts der überaus geringen Intensität dieser baulichen Eingriffe würden auch etwaige Rückbaukosten niedrig ausfallen. Zudem hat der Kläger nach § 554 Abs. 1 S. 3 BGB mehrfach explizit angeboten, für die zu erwartenden Rückbaukosten Sicherheit zu leisten. Die erstinstanzliche Befürchtung der Beklagten, vom Mieter werde „erfahrungsgemäß nix zu holen“ sein, er werde vielmehr nur mit den Achseln zucken, „das Händchen [heben] und […] schwupdi“ sein, geht daher völlig fehl.
Der Vortrag der Beklagten in Bezug auf eine Gefährdung der Mietsache aufgrund einer bestehenden erhöhten Brandgefahr beschränkt sich ebenfalls nur auf pauschale Befürchtungen. Eine konkrete Gefahrerhöhung durch den Einbau der Wallbox wurde erstinstanzlich nicht vorgetragen. Soweit die beklagte Partei in diesem Kontext generell auf eine hohe Brandgefahr bei E-Fahrzeugen verweist, ist dies schon deshalb unbehelflich, weil der Kläger die mitvermietete Garage zweifelsfrei nutzen darf, um sein Elektroauto dort einzustellen. Selbstverständlich stellt dies einen vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache dar […]
Ebenso zutreffend hat das Amtsgericht festgestellt, dass moralische Vorbehalte der Beklagten gegenüber der Nutzung von Elektroautos eine Unzumutbarkeit der Erlaubniserteilung nicht zu rechtfertigen vermögen. Mit der Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes wurde auch § 554 BGB eingeführt. Der gesetzgeberische Leitgedanke der nachhaltigen Entwicklung im Sinne der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie beruft sich hierbei auf die Erreichung der Klimaziele […] Diesem Ziel dient die Förderung der Elektromobilität durch die gesetzliche Normierung eines Anspruchs jedes Mieters auf Errichtung einer Lademöglichkeit für elektrisch betriebene Fahrzeuge. Gerade für das Erreichen der CO2-Reduktionsziele der EU im Mobilitätssektor ist ein Markterfolg von Elektrofahrzeugen in Deutschland mitentscheidend. Hierzu bedarf es einer entsprechenden, flächendeckend verfügbaren Ladeinfrastruktur, nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch im privaten Bereich.
Die persönlichen, teilweise irrational-überzogenen Vorbehalte der Beklagten gegen Elektromobilität - die die Kammer überdies nicht zu teilen vermag - können deshalb im Rahmen der Interessenabwägung des § 554 Abs. 1 S. 2 BGB keine, zumal keine auch nur ansatzweise maßgebliche Berücksichtigung finden."
Die Entscheidung ist rechtskräftig
Und gut nachvollziehbar. Ob sie eine Richtschnur für weitere Urteile ist? Bislang gibt es keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser Frage. Andere Gerichte können deshalb im Einzelfall auch anders entscheiden.
Siehe auch: