Wer kein Architekt ist, muss Kunden darüber aufklären, wenn er Planungsleistungen erbringt

14.03.2023 – Wenn jemand Planungsleistungen erbringt, die üblicherweise von Architekten erbracht werden, hat er darüber aufzuklären, wenn er kein Architekt ist. Und zwar unaufgefordert.

Dies entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.02.2023 – 22 U 58/22)


6.130 € Architektenhonorar...

Am westlichen Niederrhein sprach ein Bauherr jemanden an, von dem er annahm, dass er Architekt sei. In seiner ersten E-Mail vom 07.09.2020 fragte er ihn nach Architektenleistungen. Er wies auf einen bereits eingeholten Vorbescheid und die Notwendigkeit eines Bauantrages hin. Ein Grundriss war dem Schreiben beigefügt, in dem Änderungswünsche grafisch skizziert wurden. Auch war darin Beratungsbedarf wegen Sanierungsmaßnahmen an Dach und Fach angedeutet. Weitere E-Mails folgten. Der Angefragte antwortete, machte einiges. Und er erstellte Rechnungen. Über insgesamt 6.130 €. Die wurden ihm auch gezahlt.


... für jemanden, der kein Architekt war

Worüber der Bauherr nicht aufgeklärt wurde: der Angefragte war weder in der Architektenliste eingetragen, noch verfügte er dafür über die notwendigen Qualifikationen. Er hatte zwar mal Architektur studiert. Das Studium aber wohl nicht erfolgreich abgeschlossen. Vielleicht hätte der Bauherr das ahnen können. Denn es gab wohl nebulöse Bemerkungen, dass man sich eines befreundeten Architekten bedienen werde.

Als der Bauherr schließlich merkte, dass die 6.1300 € Architektenhonorar an jemanden gegangen waren, der gar kein Architekt war, verlangte er das Geld zurück. Vergeblich.

So gelangte die Sache vor das Landgericht Krefeld. Es ging zuerst gut aus für den Möchtegern-Architekten. Doch der Bauherr gab nicht auf und legte Berufung ein. Zum Oberlandesgericht Düsseldorf. Dort sah man die Sache anders als die Krefelder Kollegen. Man verurteilte den vermeintlichen Architekten zur Rückzahlung der 6.130 €. Aus dem Urteil:

“Der Beklagte hat den Kläger pflichtwidrig nicht darüber aufgeklärt, dass er kein Architekt ist. Infolge dieser Pflichtverletzung ist dem Kläger ein Schaden in Höhe der vorgenannten Beträge entstanden […]

Hierüber hätte er den Kläger aufklären müssen. Ob eine Offenbarungspflicht besteht, ist nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung des jeweiligen Geschäftsbereichs zu beurteilen. Dabei spricht es für die Annahme einer Offenbarungspflicht, wenn die zu offenbarenden Umstände für den anderen Teil offenbar von ausschlaggebender Bedeutung sind und wenn durch den Vertragsschluss ein besonderes persönliches Treue- oder Vertrauensverhältnis begründet werden soll […] Unter Berücksichtigung dieser Aspekte muss ein Auftragnehmer vor der Beauftragung von Architektenleistungen dem Auftraggeber offenbaren, dass er kein Architekt ist und ihm so die Entscheidung ermöglichen, ob unter diesen Umständen ein Vertrag abgeschlossen werden soll […] Die Eintragung als Architekt ist für den Auftraggeber von Architektenleistungen von entscheidender Bedeutung. Sie bietet Gewähr für die Qualifikation des Auftraggebers. Der eingetragene Architekt unterliegt zudem zahlreichen Standespflichten, die dem Schutz seines Auftraggebers dienen. Schließlich muss der eingetragene Architekt versichert sein […]

Die Offenbarungspflicht setzt nicht voraus, dass sich der Auftragnehmer als eingetragener Architekt geriert (dann liegt schon eine aktive Täuschung vor). Sie greift vielmehr schon dann ein, wenn ein Auftraggeber Leistungen nachfragt, wie sie üblicherweise von einem Architekten erledigt werden, weil für ihre Erbringung besondere Sachkunde notwendig ist.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze hätte der Beklagte offenbaren müssen, dass er kein Architekt ist […]

Auf die - nicht unter Beweis gestellte - Behauptung des Beklagten, er habe den Kläger vor der Einreichung der Genehmigungsplanung darauf hingewiesen, dass er sich eines befreundeten Architekten bedienen werde, kommt es nicht an. Denn der Kläger hätte von vornherein auf die fehlende Eintragung als Architekt hinweisen müssen […]

Es steht mit hinreichender Sicherheit fest, dass der Kläger den Beklagten nicht beauftragt hätte, wenn er von ihm über die fehlende Eintragung in die Architektenliste aufgeklärt worden wäre […]

Denn in Kenntnis der Sachlage wäre die Beauftragung des Beklagten unvernünftig gewesen. Im Hinblick auf die erforderliche Planung mit statischen Auswirkungen und die Notwendigkeit der Beantragung einer Baugenehmigung kam aus objektiver Sicht nur die Beauftragung eines bauvorlageberechtigten Architekten in Betracht.“

Die Entscheidung ist rechtskräftig.




Siehe auch:

[Bau-News-Beitrag vom 15.11.2018: Architekt darf sich nicht jeder nennen – falschen Architektenstempel zu verwenden ist Straftat]