Wohnungskündigung um 22.30 Uhr in den Briefkasten eingeworfen - verfristet
20.03.2023 – Es ist der 04.02.2020. Der dritte Werktag des Monats. Bei einem Vermieter klingelt es um 22:30 Uhr. Über die Gegensprechanlage meldete sich eine Mieterin. Sie werde jetzt eine Kündigung ihres Wohnungsmietvertrages in den Wohnungsbriefkasten des Vermieters einwerfen.
Zu so später Stunde wollte der Vermieter seine Wohnung nicht mehr verlassen. Erst am nächsten Morgen ging er zum Briefkasten, in dem sich tatsächlich die Kündigung befand.
Eine Kündigung eines Wohnungsmietvertrages muss vom Mieter spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats erklärt werden (§ 573 c Abs. 1 S. 1 BGB). Doch wann ist hier die Kündigung zugegangen? In der Nacht, kurz nach der Ankündigung über die Gegensprechanlage? Das wäre dann am dritten Werktag. Oder erst am nächsten Morgen, als der Vermieter zum Briefkasten ging? Also am vierten Werktag.
Das Landgericht Krefeld (LG Krefeld, Urteil vom 21.09.2022 – 2 S 27/21) entschied, dass sie nicht in der Nacht zugegangen war, sondern erst am nächsten Morgen.
Einen Monat länger Miete zahlen?
Für die Mieterin war die Frage, ob sie einen Monat länger die Miete zahlen müsse. Es ging um rund 1.100 EUR. Die zahlte sie sie nicht, nach dem sie zum Ende April 2020 ausgezogen war. Der Vermieter verrechnete daraufhin die Mai-Miete mit der Kaution.
Die Mieterin war empört. Die Angelegenheit ging schließlich deswegen und auch wegen eines Streits über die Betriebskostenabrechnung, auf den hier nicht weiter eingegangen werden soll, vor Gericht. In der ersten Instanz, vor dem Amtsgericht Krefeld, verlor die Mieterin wegen der Mai-Miete. Sie legte Berufung ein, zum Landgericht Krefeld. Vergeblich. Das Gericht bestätigte die Auffassung der ersten Instanz. Aus dem Urteil:
“Zugegangen ist dem Beklagten am 04.05.2020 selbst bei Zugrundelegung des Klägervortrags damit nur die (mündliche) Information über den Einwurf der Kündigung, nicht aber die Kündigung selbst. Hieran ändert sich auch nichts deshalb, weil die Klägerin den Beklagten über die Gegensprechanlage vollständig vom Inhalt des Kündigungsschreibens informiert haben will. Denn eine solche mündliche Kündigung wäre wegen Nichteinhaltung der Schriftform des § 568 BGB unwirksam.
Durch den unstreitigen Einwurf der Kündigungserklärung am 04.02.2020 um 22:30 Uhr in den Briefkasten der Wohnung des Beklagten ist diese in den Machtbereich des Beklagten verbracht worden. Wann unter normalen Umständen mit einer Kenntnisnahme vom Inhalt der Erklärung durch den Beklagten zu rechnen war, richtet sich danach, wann nach den gewöhnlichen Verhältnissen mit der Leerung des Briefkastens durch den Beklagten zu rechnen war, sodass sich dieser Kenntnis vom Inhalt der Willenserklärung verschaffen konnte […] Bis um 18:00 Uhr in den Briefkasten eingeworfene Briefe hat die Rechtsprechung als noch am selben Tag zugehend angesehen […], erst erhebliche Zeit nach der allgemeinen Postzustellung in einen Wohnungsbriefkasten eingeworfene dagegen als erst am nächsten Tag zugehend […]
Vorliegend war mit einer Kenntnisnahme des Erklärungsinhaltes durch den Beklagten noch am 04.02.2020 nicht zu rechnen. Nach den entscheidenden gewöhnlichen Verhältnissen ist es dem Empfänger einer Willenserklärung nicht zumutbar, sich zu jeder Tageszeit zu versichern, ob rechtserhebliche Erklärungen in seinen Machtbereich gelangt sind. Zwar ist ein konkreter Zeitpunkt, ab dem nach der Verkehrsanschauung die Überprüfung eines zu einer Privatwohnung gehörenden Briefkastens nicht mehr erwartet wird, insbesondere angesichts der zunehmenden Ausdifferenzierung der Lebensgewohnheiten und der diesbezüglichen Gepflogenheiten schwierig festzulegen. Jedenfalls um 22:30 Uhr war dieser Zeitpunkt indes überschritten.“
Urteil ist rechtskräftig geworden.
Zwar ließ das Gericht eine Revision zum Bundesgerichtshof zu. Doch die Mieterin machte davon keinen Gebrauch.