Zum x-ten Mal so entschieden: keine Mängelansprüche bei Schwarzarbeit

13.11.2018 – Seit Jahren ist die Rechtsprechung knallhart. Wer Schwarzarbeit beauftragt, hat keine Möglichkeit, sich zu wehren, wenn ihm Pfusch abgeliefert wird. Er bekommt auch kein Geld zurück.

Doch noch immer werden Handwerker beauftragt, ohne Rechnung zu arbeiten. Auch für größere Bauvorhaben. Und noch immer wundern sich dann die Bauherren, wenn sie danach vor einem Nichts stehen. Ohne Mängelanspruch und ohne Geld-zurück.

So auch in einem Fall, den das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.07.2017 – I-21 U 21/16) entschied.


Dubioser Anwalt vergibt die Aufträge

Der Fall, um den es geht, ist ein wenig verschwurbelt. Wir vereinfachen ihn deshalb in diesem Blog-Beitrag, um besser zu dem Kern durchzudringen.

Im Raum Düsseldorf war im Jahre 2009 eine Frau Eigentümerin eines Grundstücks mit Haus. Das sollte gründlich saniert werden. In ihrem Namen beauftragte ihr Rechtsanwalt eine Baufirma. An dieser Stelle wird es bereits seltsam. Kein seriöser Rechtsanwalt wird für seine Mandantin alleine mit Handwerkern verhandeln und die beauftragen. Es gilt schließlich der Spruch „Schuster bleib bei deinen Leisten“. Und ein Anwalt ist ein Jurist, vielleicht auch ein Baurechtsspezialist, aber kein Architekt oder Bauingenieur. Doch alles war noch schräger: Der Anwalt wusste, dass die Baufirma längst pleite war. Er war nämlich der Strafverteidiger deren Betreiber gewesen. Aber das ist eine andere Geschichte und gehört nicht in diesem Blog. Auch nicht die Frage, ob die Firma vielleicht deshalb pleite gegangen war, weil dieser Anwalt mit einer Schadensregulierung beauftragt war – und das Geld in die eigene Tasche steckte, ohne die Firma davon zu informieren. Die Staatsanwaltschaft hatte deswegen gegen ihn schon eine Anklage erhoben.

Dieser Anwalt beauftragte also namens der Grundstückseigentümerin Anfang April 2009 die längst bankrotte Firma, eine Fußbodenheizung im Wohnzimmer und im Wintergarten zu installieren. Inklusive Estricharbeiten und Installation von Radiatoren. Ferner mit Fliesenarbeiten in Bad, Küche, Schlafzimmer und Flur - für 5.000,00 €. Für 3.500,00 € den Aus- und Einbau der Fenster. Für noch einmal 3.500,00 € sollte die Dämmung und Verkastung der Rollladenkästen nebst Verputzung der Fensterbarken und einigen Nebenarbeiten gemacht werden. Dann sollte noch eine Rigipswand abgerissen werden, für 300,00 €. Und eine Treppe zum Wintergarten errichtet werden. Und so ging es weiter. Insgesamt gab die Grundstückseigentümerin über ihren Anwalt dieser Firma 23.050,00 €.


Bauleute: wir durften gar kein Gewerbe betreiben

Ein schriftlicher Bauvertrag wurde nicht geschlossen. Das Geld floss, ohne dass Rechnungen gestellt werden. Weder als Abschlagsrechnungen, noch als Schlussrechnung. Später verteidigten sich die Bauleute übrigens damit, dass sie gar kein Gewerbe hätten betreiben können, da sie insolvent gewesen seien. Deshalb hätten sie auch keine Rechnung schreiben können. Das sei doch bekannt gewesen, denn der von der Grundstückseigentümerin beauftragte Anwalt sei schließlich auch ihr eigener Anwalt gewesen.

Es kam, wie es kommen musste. Für das viele Geld erhielt die Grundstückseigentümerin nur Pfusch. Ähnlich einem Totalschaden. Um den zu beseitigen, war noch mehr Geld in die Hand zu nehmen: 34.100,00 €.

Nun vereinfachen wir an dieser Stelle noch einmal und beschränken uns auf den Satz: dieses Geld wollte die Grundstückseigentümerin von den Bauleuten haben. Die aber nicht zahlten. Vielleicht, weil sie kein Geld mehr hatten. Wogegen allerdings sprach, dass sie in der Zwischenzeit schon die nächste Baufirma betrieben.


Gericht: Rechnung weder verlangt noch gelegt = Schwarzarbeit

Es kam es zum Prozess. In der ersten Instanz, am Landgericht Düsseldorf, verlor die Grundstückseigentümerin. Und auch als sie Berufung einlegte, ging es am Oberlandesgericht Düsseldorf nicht besser für sie aus. Wenn Rechnungen weder verlangt, noch gelegt werden, sei das Schwarzarbeit, stellten die Oberlandesrichter fest:

“Im Falle der Entlohnung eines selbstständigen Handwerkers durch den Besteller ohne Rechnungsstellung liegt jedenfalls in objektiver Hinsicht regelmäßig ein Verstoß des Unternehmers gegen die Erklärungs- und Anmeldepflichten gemäß § 18 Abs. 1, 3 UStG sowie gegen die Rechnungslegungspflicht gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG vor […]

Die Erklärung der Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten, er sei letztlich arglos gewesen, weil er nicht damit gerechnet habe, dass die Beklagten, wo sie doch kurz zuvor erst mit der B… die Insolvenz erlebt hätten und er sie sogar bei dem anhängig gewesenen Strafverfahren wegen Insolvenzverschleppung verteidigt hatte, durch Schwarzarbeit, Nichtabführung der Umsatzsteuer und damit Steuerhinterziehung erneut Straftaten begehen könnten, vermag den Senat nicht zu überzeugen. Eine solche Gutgläubigkeit bei dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin erscheint dem Senat lebensfremd und unglaubhaft. Gerade in Kenntnis des gegen den Beklagten zu 2) gerichtet gewesenen Strafverfahren wegen Insolvenzverschleppung und das Bewusstsein der finanziell desolaten Situation der Beklagten hätten dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin auch mit Blick auf dessen quasi-treuhänderische Stellung gegenüber der Klägerin umso mehr Veranlassung geben müssen, (Abschlags-) Zahlungen nur gegen Vorlage von ordnungsgemäßen Rechnungen zu leisten.“

Und bei Schwarzarbeit hat man keine Mängelansprüche. Auch wenn die Leistung, die man erhalten hat, nichts wert war. Die Bauleute müssen das erhaltene Geld nicht mehr herausrücken.


Urteil rechtskräftig

Die Grundstückseigentümerin versuchte noch zu retten, was zu retten war und den Fall vor dem Bundesgerichtshof zu bringen. Doch dieses Vorhaben gab sie schließlich auf, die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist damit rechtskräftig.

Sie bestätigt wieder einmal, dass Schwarzarbeit böse auf die Füße fallen kann. In diesem Falle besonders krass, weil 23.000,00 € im wahrsten Sinne des Wortes in den Sand gesetzt wurden. Und obendrein noch ein fünfstelliger Betrag für das Prozessieren.



In weiteren Beiträgen unserer Bau-News hatten wir uns schon öfter mit dem Thema Schwarzarbeit beschäftigt:

[Zum Bau-News Beitrag von 24.08.2013 – Bundesgerichtshof : Keine Gewährleistungsansprüche bei Schwarzarbeit]

[Zum Bau-News Beitrag vom 25.08.2013 mit Update vom 10.04.2014: Handwerker können nach Schwarzarbeit kein Geld einklagen]

[Zum Bau-News Beitrag vom 26.09.2013: Schwarzarbeit, Rechnungslegung und Strafe – ein Trick wird nicht funktionieren]

[Zum Bau-News Beitrag vom 07.07.2015 – Ein Trick, der nicht klappte: „Wir haften jetzt nicht auf Gewährleistung. Weil wir schwarz gearbeitet haben.“]

[Zum Bau-News-Beitrag vom 16.07.2015: Schwarzarbeit beauftragt und bezahlt, Pfusch bekommen - Bundesgerichtshof: es gibt kein Geld zurück]

[Zum Bau-News-Beitrag vom 09.02.2016: Architekt halb ordentlich und halb schwarz beauftragt – dann keine Gewährleistungsansprüche bei Pfusch]

[Zum Bau-News-Beitrag vom 06.04.2016 - Wer schwarzarbeiten lässt, muss (unter Umständen) bei Arbeitsunfall selber zahlen]

[Zum Bau-News-Beitrag vom 04.05.2016: Handwerker ohne Gewerbeanmeldung muss trotzdem bezahlt werden]

[Zum Bau-News-Beitrag vom 17.03.2017: Gericht kann Schwarzarbeit anhand von Indizien feststellen – dann gibt es kein Geld]

[Zum Bau-News-Beitrag vom 13.04.2017: Nachträglich auf „Ohne-Rechnung-Vertrag“ geeinigt – und damit Gewährleistungsansprüche verloren]

[Zum Bau-News-Beitrag vom 27.04.2017: Baufirma legt nicht rechtzeitig Rechnung – als Schwarzarbeit gewertet]

[Zum Bau-News-Beitrag vom 24.11.2017 - Nachträglich dem Architekt Teil des Honorars „ohne Rechnung“ gezahlt: Gewährleistung verloren]

[Zum Bau-News-Beitrag vom 26.04.2018: Architekt haftet nicht für mangelhaft tätige Schwarzarbeiter – solange er nichts von Schwarzarbeit weiß]

[Zum Bau-News-Beitrag vom 26.06.2018: Schwarzarbeit vergeben – Zuschuss aus Fördermitteln weg]

[Zum Bau-News-Beitrag vom 23.05.2019 - Urteil: Barzahlung vor Baubeginn kann Indiz für Steuerhinterziehung sein]

[Zum Bau-News-Beitrag vom 19.02.2020: Kein Eintrag in Handwerksrolle - Bauvertrag trotzdem nicht immer nichtig]

[Zum Bau-News-Beitrag vom 14.04.2022 - Vorschuss wurde schwarz gezahlt – kein Rückerstattungsanspruch wenn nicht gearbeitet wird]

{Zum Bau-News-Beitrag vom 22.06.2022: Bar gezahlt – Indiz für Schwarzarbeit]

[Zum Bau-News-Beitrag vom 29.06.2023 - Wenn Bauherr das nicht wusste: keine Schwarzarbeit bei fehlender Eintragung in die Handwerksrolle]