Die Tricks der Medienconcept AG – ein Schweizer mit Kölner Masche
08.02.2017 mit Update vom 14.02.2017 - Etliche Zeitungsartikel mit Überschriften, wie etwa „Achtung vor unseriöser Medienagentur“ oder „Stadt warnt Unternehmen vor unseriöser Anzeigenmasche", werden einem bei Google & Co. auf den ersten Seiten angezeigt, wenn man nach der Firma Medienconcept AG sucht.
Die Firma sitzt offiziell in der Gemeinde Zug im gleichnamigen Schweizer Kanton. Ihr im Schweizer Handelsregisteramt angegebener Geschäftsführer heißt Bruno Robert Baumgartner, Mitglied des Verwaltungsrates ist Theodor Lutz.
An der Art und Weise, wie diese Firma an ihre Kunden kommt, ist die Kritik entbrannt. Auch daran, welcher Art die Gegenleistung ist - für die man von denen einen stolzen, vierstelligen Betrag verlangt.
Mit Trickanruf und Fax
Die Medienconcept AG arbeitet mit der „Kölner Masche“; sie heißt so, weil sie vor Jahren erstmals in großem Umfang aus Köln angewandt wurde. Manche nennen sie auch „Fax-Masche“, denn das Faxgerät spielt bei dieser Form der Abzocke eine wichtige Rolle.
Unaufgefordert werden Geschäftsleute und Institutionen von der Medienconcept AG angerufen. Solche, die sonst regelmäßig Printanzeigen in einer Publikation der Gemeinde oder eines seriösen Verlages schalten. Am Telefon wird so getan, als arbeite man für die Gemeinde oder sei von diesem Verlag und es müsse ganz kurzfristig für die nächste Ausgabe noch einmal die Druckfreigabe erfolgen. Die Vorlage werde man sofort per Fax übersenden, sie müsse nur unterschrieben und zurück gefaxt werden; ganz eilig sei alles. Die in Coburg erscheinende Tageszeitung „Frankenpost“ berichtete gar, dass die Medienconcept AG sich am Telefon als Frankenpost ausgegeben habe. Mit dieser Legende bot man Anzeigenkunden der Frankenpost eine Verlängerung des bisherigen Anzeigenvertrages an. Ein Fax werde gleich kommen.
Tatsächlich kommt bald darauf ein Fax, in dem sich die bisher geschaltete Anzeige findet. Die optisch hervor gehobene Fax-Nummer hat eine deutsche Vorwahl. Die Betroffenen gegen deshalb davon aus, dass alles seine Richtigkeit habe. Sie unterschreiben und faxen das Formular zurück. Die Falle ist zugeschnappt.
Wenig Gegenleistung, aber für viel Geld
Mit ihren Unterschriften haben die Betroffenen sich zu einer Anzeigenschaltung verpflichtet - und sollen dafür viel Geld zahlen, so das Wunschdenken der Medienconcept AG. Viermal innerhalb von zwei Jahren werden für eine 40 * 90 mm kleine Anzeige 719,50 EUR fällig. Macht zusammen 2.878,00 EUR. Plus Mehrwertsteuer.
Für eine Veröffentlichung in einem „Bürgerinformationsfolder“ der Medienconcept AG, der mit 500 Exemplaren erscheint. Und irgendwo verteilt wird. Nicht unbedingt in der Nähe. Sondern zum Beispiel im Postleitzahlgebiet 39XXX, das eine Nord-Süd-Ausdehnung von 160 km hat. Es kann also geschehen, dass die Werbung für einen Bäcker, Fleischer oder Friseur 100 km oder weiter entfernt verteilt wird. Der erhoffte Werbeeffekt für das viele Geld ist damit wohl nicht verbunden.
Im Kleingedruckten des Anzeigenformulars heißt es weiter:
„Die Verteilung erfolgt durch Postversand, an Gewerbetreibende und/oder Gewerbeämter, Stadtverwaltungen und sonstige öffentl. Einrichtungen“.
Darüber, nach welchen Kriterien die Empfänger ausgesucht werden, schweigt sich das Formular aus.
Es finden sich auch noch zwei weitere Formulierung im Kleingedruckten der Medienconcept AG:
„Es handelt sich hier um einen Neuauftrag, der mit anderen Aufträgen bei uns oder bei anderen Firmen nicht in Verbindung steht und deren Gültigkeit nicht berührt“. Und:
„Ohne öffentlichen Auftrag/behördenunabhängig.“
Warum das von der Medienconcept AG wohl so betont wird?!
[Beispiel eines Anzeigenformulars der Medienconcept AG aus Zug/Schweiz]
Deckadresse bei einem Dienstleister
Die Medienconcept AG ist an sich keine neue Firma. Zum ersten Mal tauchte sie im Oktober 1999 auf. Damals nannte sie sich noch Alidea und gab gegenüber dem Handelsregister als Geschäftszweck an: „Erbringen von Dienstleistungen jeglicher Art in den Bereichen Informatik, Logistik, Marketing und Firmenpräsentation.“
In dichter Folge gab es dann 13 Mutationen, wie im Schweizer Handelsrecht die Veränderungen im Handelsregister heißen. Mal änderten sich die Personen, mal der Firmensitz oder der Geschäftszweck. Die letzte Änderung wurde im April 2016 eingetragen. Jetzt im Handelsregisteramt Kanton Zug, zur Firmennummer CH-020.3.022.312-5. Aus der Alidea ist im Laufe der Zeit die Medienconcept AG geworden. Nun heißt es zu ihrem Zweck: „Akquisition von Anzeigen, Bearbeitung von Kundenlogos sowie Satz und Druck“. Mit einem Kapital von 100.000 Schweizer Franken, aufgeteilt auf 100 Aktien, gehört sie, anders als etliche andere Unternehmungen in dieser speziellen Geschäftswelt, nicht in die Kategorie der Wegwerf-Firmen.
In dem offiziellen Domizil der Medienconcept AG in der Grienbachstraße 36, CH-6300 Zug wird man von dieser Firma aber kaum jemanden persönlich antreffen. Dem Handelsregister gab sie an, dort bei einer anderen Firma zu logieren. Diese wirbt damit, ein kompetenter und preisgünstiger Anbieter von Dienstleistungen im Bereich Wirtschaftsprüfung und Beratung zu sein.
Recherchiert man nach dem Namen des Geschäftsführers, Bruno Robert Baumgartner, findet man ihn auch in Lichtenstein, im Zusammenhang mit einer Treuhandgesellschaft. Im Hinblick darauf würden wir nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dass er der wirkliche Entscheidungsträger der Medienconcept AG ist. Und nicht nur von Hinterleuten vorgeschoben wird.
Verträge sind angreifbar
Viel zu viele zahlen, meist, um ihre Ruhe zu haben. Und tragen so dazu bei, dass diese Art von Geschäft noch kein Ende gefunden hat. Doch so zustande gekommene Verträge sind angreifbar. Nicht nur wegen der Art und Weise ihres Abschluss. Oder der Formulargestaltung; mit Klauseln, die man als überraschend bezeichnen kann. Vor allem aber, weil kein wirksamer Vertrag zustande kommt, wenn die Gegenleistung so dürftig beschrieben ist. Weil, wie wir Juristen sagen, es an den essentialia negotii eines Vertrages mangelt.
Wenn man eine Rechnung für einen angeblich auf diese Weise mit der Medienconzept AG zustande gekommenen Auftrag erhält, ist nach unserer Erfahrung eine frühestmögliche Reaktion der sicherste Weg, um sich dagegen wehren zu können. Gerne können Sie uns ansprechen.
Update vom 14.02.2017:
Ein Inkassobüro taucht auf
Jetzt hat sich ein Geldeintreiber aus der Schweiz für die Medienconcept AG gemeldet: die TOP Inkasso GmbH aus Luzern. Die TOP Inkasso ist seit 2014 im Handelsregister von Luzern zur Register-Nummer CH-100.4 795.166-1 eingetragenen. Dort gibt sie als Geschäftszweck unter anderem den „Erwerb und das Eintreiben schwer einbringlicher Forderungen“ an. Bei einschlägigen Firmen der Abzocker-Szene ist sie beliebt; uns fiel sie in diesem Zusammenhang wiederholt auf.
200 € Mehrkosten verlangt die TOP Inkasso GmbH von Betroffenen der Medienconcept AG. Das Geld - und natürlich die angeblich der Medienconcept AG zustehende Forderung - sollen auf ein Konto bei der schweizerischen Baloise Bank AG gezahlt werden.
In unserem Blog hatten wir über die Schweizer Inkassofirma TOP Inkasso GmbH schon öfter im Zusammenhang mit einschlägigen Abzock-Unternehmen berichtet:
Mehr Informationen zur Abzocke mit der Kölner Masche finden Sie in einem Spezial-Beitrag:
[Anzeigenbetrug mit der Kölner Masche]
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