Hereingelegt - was tun? Hinweise für Anwaltsbüros
Wenn es um Abzock- und unseriöse Werbefirmen geht, werden wir regelmäßig von anderen Anwaltsbüros angesprochen und geben auch gerne den ein oder anderen kollegialen Rat.
Bitte beachten Sie, dass wir keine Mandatsbearbeitung im Innenverhältnis übernehmen. Wenn Sie ein Mandat nicht bearbeiten wollen oder können, könnte der Mandant direkt an uns verwiesen werden.
Nachstehend einige rechtliche Ansatzpunkte, die Sie für eine Argumentation bei eigener Mandatsbearbeitung aufgreifen können.
Allgemein:
- Ein gesetzliches Widerrufsrecht steht Nichtverbrauchern nicht zu; das wird häufig verkannt.
Ansatzpunkte bei Branchenbuchabzocke mit Trickformularen:
- Fehlender Rechtsbindungswille zum Abschluss eines entgeltlichen Vertrages.
- Hilfsweise Anfechtung gem. § 119 I BGB (Frist beachten) bzw. § 123 I BGB (Frist beachten).
- Unwirksamkeit der Entgeltklausel prüfen im Hinblick auf BGH, Urt. vom 26.07.2012 – VII 262/11). Es ist sorgfältig bezogen auf das jeweilige Formular zu argumentieren. Es haben sich schon Gerichte schwer getan mit einer Anwendung dieser Entscheidung im jeweiligen Einzelfall.
- Bei Einträgen in Internetbranchenbücher kann auch mit Sittenwidrigkeit im Sinne des § 138 BGB im Hinblick auf LG Wuppertal, Hinweisbeschluss vom 05.06.2014 – 9 S 40/14 argumentiert werden.
- Prüfen, ob Vertrag sich automatisch verlängert; dann vorsorglich und hilfsweise Kündigung erklären. Derartige Firmen verschicken noch nach Jahr und Tag Rechnungen unter Bezugnahme auf eine automatische Verlängerung.
Ansatzpunkte bei Branchenbuchabzocke mit Doppelanruf-Masche:
- Wenn die anrufende Firma unter "falscher Flagge segelte", sich beispielsweise, was immer wieder geschieht, als "Google" ausgab: fehlender Rechtsbindungswille zum Abschluss eines entgeltlichen Vertrages.
- Anfechtung gem. § 119 I BGB (Frist beachten) bzw. § 123 I BGB (Frist beachten). Hier ist das Problem, dass die Gegenseite den im zweiten Telefonat vorgenommenen Mitschnitt entgegenhalten und ihren Call-Center-Mitarbeiter als Zeugen benennen wird.
- Bei Einträgen in Internetbranchenbücher kann auch mit Sittenwidrigkeit im Sinne des § 138 BGB im Hinblick auf LG Wuppertal, Hinweisbeschluss vom 05.06.2014 – 9 S 40/14 argumentiert werden.
- Prüfen, ob Vertrag sich automatisch verlängert; dann vorsorglich und hilfsweise Kündigung erklären. Derartige Firmen verschicken noch nach Jahr und Tag Rechnungen unter Bezugnahme auf eine Verlängerung.
- Es bestehen Ansprüche auf Unterlassung zukünftiger Anrufe. Links zu Urteilen des OLG Bamberg und des OLG Hamm finden Sie in unserem Blog-Beitrag vom 05.01.2017.
Bei Werbeverträgen aufgrund der Kölner Masche (Fax-Masche)
- Mit fehlendem Rechtsbindungswillen zum Abschluss eines entgeltlichen Vertrages argumentieren.
- Prüfen, ob eine Einigung über die Essentialia negotii erfolgte. Dazu zählen unter anderem Auflagenhöhe, Art der Verbreitung und Verbreitungsgebiet. Ein Werbevertrag ist ein Werkvertrag im Sinne des § 631 BGB, bei dem ein Erfolg geschuldet wird. Bei fehlender Bestimmtheit, bezogen auf die jeweilige Werbemaßnahme, kann der Werbeerfolg nicht eintreten. Es besteht zu diesen Fragen eine umfangreiche Judikatur. Hier ist besonders auf eine Argumentation zum jeweiligen Einzelfall zu achten.
- Sittenwidrigkeit im Sinne des § 138 BGB prüfen
- Klauselkontrolle
- Hilfsweise Anfechtung gem. § 119 I BGB (Frist beachten) bzw. § 123 I BGB (Frist beachten).
- Prüfen, ob Vertrag sich automatisch verlängert; dann vorsorglich und hilfsweise Kündigung erklären. Derartige Firmen verschicken noch nach Jahr und Tag Rechnungen unter Bezugnahme auf eine Verlängerung.
Abschließend:
- Entgegen dem, was mitunter verbreitet wird, klagen Abzock- und unseriöse Werbefirmen immer wieder. Durch fehlerhafte oder ungenaue, weil nicht auf den Einzelfall bezogene, Argumentation erringen sie gelegentlich auch ein Trophäenurteil.
- Bei Vergleichsabschlüssen, von denen wir grundsätzlich abraten, da man das Geschäftsmodell solcher Firmen nicht unterstützen sollte, ist die Reichweite zu prüfen: soll nur die aktuell streitige Forderung erfasst werden? Oder das behauptete Vertragsverhältnis in Gänze? Häufig sollen nach Ansicht der jeweiligen Firmen sich die Vertragsverhältnisse über mehrere Jahre erstrecken.
(Bearbeitungsstand 27.01.2017)
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