Landgericht Wuppertal: Aufnahme in ein Internet-Branchen-Verzeichnis kann quasi wertlos sein

05.12.2014 – Eine böse Überraschung stellt eine Gerichtsentscheidung für die Branchenbuch-Abzocker-Szene jetzt dar. Das Landgericht Wuppertal (LG Wuppertal, Hinweisbeschluss vom 05.06.2014 – 9 S 40/14) stellte fest, dass die Aufnahme in das Internet-Branchen-Verzeichnis branche100.eu als Leistung quasi wertlos ist, da ein Internet-Nutzer, der ein Branchenverzeichnis sucht, nicht auf dieses Verzeichnis stößt. Die Folge: die vereinbarte Vergütung ist wegen eines objektiv auffälligen Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung sittenwidrig.

Was für das Internet-Branchen-Verzeichnis branche100.eu der Tele Media Data Basis Ltd. gilt, kann aber eins-zu-eins auch auf die anderen Firmen der Internet-Branchen-Abzocker-Szene übertragen werden.

Branche100.eu wird von der Tele Media Data Basis Ltd. betrieben, die angeblich in London/UK sitzt. Tatsächlich teilt sie sich dort nur einen Briefkasten mit vielen anderen Firmen. Die Tele Media Data Basis Ltd. hat viele Geschwister, deren Hinterleute nahezu dieselben sind. Wir hatten darüber schon berichtet, auch über ein Urteil, welches wir gegen eine dieser Firmen erringen konnten.

[Zum Blog-Beitrag vom 09.10.2011]

Wieder einmal wurde jetzt versucht, Geld einzuklagen. Das Opfer der Branchenbuch-Firma war bereits 2009 in die Falle getappt, kurz vor Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist wurde es verklagt. 910 € netto wurden gefordert. Als der Prozess vor dem Amtsgericht Wuppertal verloren gegangen war, gab man bei der Tele Media Data Basis Ltd. noch nicht auf. Man legte Berufung ein. Doch das Landgericht Wuppertal fand deutliche Worte und wies in einem Beschluss darauf hin, dass es beabsichtige, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Die Berufung habe offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Klageforderung sei nämlich sittenwidrig im Sinne des § 138 BGB. Niemand würde das Branchen-Verzeichnis kennen. Aus dem Beschluss:

„Dabei wäre es für sie [Anmerkung von uns: gemeint ist die klagende Werbefirma] ein Leichtes, etwa durch Schaltung von Anzeigen in den genannten Suchmaschinen, eine entsprechende Nutzerzahl zu genieren. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin auf andere Weise Nutzer des Verzeichnisses generieren würde. Der Eintrag in einem Branchenverzeichnis, welches niemand nutzt, ist aber quasi wertlos.[…]

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem mit der Berufungsbegründung vorgelegten „Eintragungskostenvergleich“. Denn es steht nicht fest, dass es einen Markt für wertlose Eintragungen in Branchenverzeichnisse geben würde. Sofern die Leistungen der im „Eintragungskostenvergleich“ genannten Anbieter denen der Klägerin ähneln, so dürften auch Verträge mit diesen Anbietern unter einem auffälligen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung leiden.“

Nicht nur das Internet-Branchenbuch branche100.eu wird nicht beworben. Das Geschäftsmodell der Abzocker-Szene beruht geradezu darauf, Gelder zu kassieren und keine reelle Gegenleistung zu bieten – sonst wäre der schöne Profit schließlich gemindert; gleich, wie deren Internet-Branchenseiten heißen.



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