Rechtsschutzversicherungen in Straf- und Ordnungswidrigkeiten-Verfahren
Viele haben eine Rechtsschutzversicherung. Doch manchmal bleiben Fragen offen, wie wir in unserer täglichen Arbeit feststellen.
Zahlt die Rechtsschutzversicherung bei Bußgeldverfahren?
Mit einer Rechtsschutzversicherung ist man im allgemeinen gut gesichert, wenn es um Ordnungswidrigkeiten-Verfahren geht.
Wie sieht es in Strafverfahren aus?
Da ist es anders. Dort stellt die Rechtsschutzversicherung kein „Rund-um-sorglos-glücklich-Paket“ dar. Viele Teile des Strafrechts sind in den meisten Versicherungsverträgen ausgenommen – weitergehenden Schutz bieten manche Spezial-Pakete, etwa für Ärzte oder Manager. Die sind dann aber auch so teuer, dass sie für normale Einkommen nicht interessant sind.
In den normalen Versicherungspaketen ist es - vereinfacht ausgedrückt - so: man muss zwischen Verkehrsstrafsachen und Nicht-Verkehrsstrafsachen unterscheiden.
In Verkehrsstrafsachen wird die Rechtsschutzversicherung bis auf wenige Ausnahmen erst einmal Kostendeckung erteilen müssen. Probleme entstehen erst dann, wenn man wegen einer vorsätzlich begangenen Tat rechtskräftig verurteilt wird. Beispielsweise wegen Unfallflucht. Dann entfällt rückwirkend der Versicherungsschutz und die Versicherung fordert alle Ausgaben, die sie geleistet hatte, vom Versicherten zurück.
Nichts zurückfordern kann sie, wenn man wegen einer fahrlässigen Tat verurteilt wurde. Beispielsweise einer fahrlässigen Körperverletzung oder einer fahrlässigen Trunkenheitsfahrt. Und natürlich kann sie auch nichts zurück fordern, wenn das Verfahren eingestellt wurde.
Außerhalb des Verkehrsrechts, in den Nicht-Verkehrsstrafsachen, greift die Rechtsschutzversicherung nur für relativ wenig Delikte. Nämlich die, welche fahrlässig begangen werden. Die meisten Delikte können aber nur vorsätzlich begangen werden. Es gibt nicht die Tatbestände des fahrlässigen Betruges, des fahrlässigen Hausfriedensbruchs, der fahrlässigen Sachbeschädigung, der fahrlässigen Urkundenfälschung oder des fahrlässigen Diebstahls, um nur einige zu nennen. Die Rechtsschutzversicherung wird dafür keine Kostendeckung erteilen. Auch dann nicht, wenn das Verfahren eingestellt wurde, weil sich heraus gestellt hat, dass an den Vorwürfen nichts dran ist.
Gerne können Sie uns fragen, wie es in Ihrem Fall aussieht.
Muss ich die Versicherung fragen, bevor ich den Anwalt aufsuche?
Grundsätzlich nicht. Der Anwalt wird in der Regel selbst der Versicherung schildern, um was es geht und diese zur Erteilung der Kostendeckungszusage auffordern – so machen wir das jedenfalls. Bei uns reicht es, wenn Sie den Versicherungsschein mitbringen oder die Versicherungskarte, die es bei manchen Versicherungen gibt. Wenn man das nicht findet, werden aber wenigstens der Name der Versicherung und die Versicherungsnummer benötigt.
Kann sich die Versicherung weigern, weil sie meint, ich sei nicht unschuldig?
Diese Frage hören wir manchmal. Knappe Antwort: Nein - das würde auch den Sinn der Versicherung ad absurdum führen!
Die Erteilung der Kostendeckungszusage ist kein Gnadenakt, sondern ein Rechtsanspruch. Wenn die Voraussetzungen vorliegen, die in dem "Kleingedruckten", den „ARB – Allgemeinen Rechtsschutzversicherungsbedingungen“ beschrieben sind, ist die Kostendeckungszusage zu erteilen.
Muss ich den Rechtsanwalt nehmen, den mir die Versicherung vorschlägt?
Nach deutschem Versicherungsrecht dürfen Sie sich Ihren Anwalt frei wählen. Sie sind nicht verpflichtet, einen Rechtsanwalt zu nehmen, der Ihnen von der Rechtsschutzversicherung vorgeschlagen wird.
Derartige Vorschläge der Versicherung können mitunter auch einen Beigeschmack haben. Unsere Kanzlei bekam in der Vergangenheit manchmal Angebote von Rechtsschutzversicherungen. Wenn wir „Regulierungsvereinbarungen“ unterschreiben, würde man uns weiter empfehlen. Diese Vereinbarungen sahen vor, dass wir weniger Honorar pro Fall erhalten. Das sollte dadurch ausgeglichen werden, dass man durch die Empfehlungen mehr Mandanten bekäme. - Haben sie den Denkfehler bemerkt? Wenn man mehr Mandate bearbeiten muss, hat man für jedes einzelne weniger Zeit. Die Folge: die Qualität der Mandatsbearbeitung sinkt. Solche Angebote haben wir abgelehnt.
Noch keine Rechtsschutzversicherung?
Wenn Sie mit dem Abschluss einer Rechtsschutzversicherung liebäugeln, sollten Sie nicht am falschen Ende einige Euro sparen wollen. Sondern auf die SB, die Selbstbeteiligung achten. Die sollte so gering wie möglich sein. Oder noch besser: die Versicherung sollte überhaupt keine Selbstbeteiligung vorsehen. Sonst stehen Sie vielleicht vor der Frage, ob es sich lohnt, gegen einen 120 Euro-Bußgeldbescheid mit Punkten und Fahrverbot vorzugehen, wenn Sie sich mit 150, 250 oder 400 Euro selbst an den Kosten beteiligen müssen.
(Bearbeitungsstand 24.01.2019)
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