Im Bau-News-Blog informiert die Anwaltskanzlei Radziwill ● Blidon ● Kleinspehn über neue Rechtsprechung. Und gibt Expertentipps. Die Inhalte des Blog werden so dargestellt und vereinfacht, dass sie möglichst auch für Nicht-Juristen verständlich sind. 

Bitte beachten Sie: die Bau-News können nicht die anwaltliche Rechtsberatung im Einzelfall ersetzen. Es können unter Umständen andere Gerichte - selbst bei vergleichbarem Sachverhalt - zu einer anderen rechtlichen Wertung gelangen. Oder der Gesetzgeber hat die Rechtslage geändert.

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Abbruch einer Doppelhaushälfte nicht ohne weiteres zulässig

05.09.2023 – Wer Eigentümer einer Doppelhaushälfte ist, befindet sich mit dem Nachbarn, dem Eigentümer der anderen Doppelhaushälfte, in einer „Schicksalsgemeinschaft“. Das stellte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH München, Beschluss vom 20.06.2023 – 2 ZB 22.231) fest.

Es kann dann nicht die bestehende Doppelhaushälfte abgerissen und stattdessen ein freistehendes Mehrfamilienhaus errichtet werden. Auch dann nicht, wenn die Abstandsgebote eingehalten werden.

Wer Putz aus reinem Kalk beauftragt, darf nicht mit Standard-Putz abgespeist werden

30.08.2023 – Ist ein Putz aus reinem Kalk oder mit einem hohen Kalkanteil besser als ein Gips-Kalk-Putz? Darüber mag man sich streiten und es wird manchmal auch die Auffassung vertreten, dass ein Schuss Esoterik dabei sei.

Doch ein Putz aus reinem Kalk oder mit einem hohen Kalkanteil wird zumindest bei Personen, denen eine besonders ökologische Bauweise wichtig ist, als höherwertig angesehen. Und wenn ein Auftraggeber einen solchen Putz in sein Bauwerk einbringen lassen möchte, kann der Auftragnehmer sich nicht darüber hinwegsetzen und einen Standard-Gips-Kalk-Putz einbringen.

Das entschied das Oberlandesgericht München (OLG München, Beschluss vom 14.04.2021 – 20 U 6129/20 Bau; rechtskräftig durch Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde BGH, Beschluss vom 21.06.2023 – VII ZR 439/21).

Der Baufirma half auch nicht der Hinweis auf die hohen Kosten einer Nachbesserung.

Ein Bauunternehmen, dass einen Bauauftrag übernimmt, muss auch bauen

23.08.2023 – Wenn ein Bauunternehmen einen Bauauftrag übernimmt, muss es auch bauen. Erst recht, wenn es sich schon einen erheblichen Vorschuss hat aushändigen lassen. Diese Erfahrung machte in Hamburg eine Baufirma vor Gericht die weder die Baustelle mit der vereinbarten Mitarbeiterzahl besetzte, noch anfing zu bauen. Einen Vorschuss in Höhe von 60.000 € muss sie jetzt zurückzahlen, entschied das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg (OLG Hamburg, Urteil vom 23.02.2023 – 4 U 54/22).

Gericht: (angeblicher) Infraschall durch Windräder verursacht keine Gesundheitsschäden

21.08.2023 – Und dann gibt es diejenigen, die gegen alles und jeden vorgehen, der nicht bei „drei“ auf dem nächsten Baum ist. Nimbys heißen sie, „not im my backyard“. Gegen die Moderne haben sie nichts, sagen sie. Aber bitte woanders, nur nicht in ihrer Nähe.

Wohl mit einem solchen Nimby hatte das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG NRW, Beschluss vom 29.03.2023 – 22 B 176/23.AK) zu tun.

Gewerbemieter muss nach Kündigung Bereitschaft zum Auszug nicht bestätigen

14.08.2023 – Eine Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. So lernen es die Jurastudierenden bereits im ersten Semester. Übersetzt aus der Juristensprache heißt das zum Beispiel für ein Mietverhältnis: der Vermieter kann einseitig kündigen. Entscheidend ist nur, dass die Kündigung dem Mieter zugeht. Mehr nicht!

Muss der Mieter dann aber dem Vermieter bestätigen, dass er fristgerecht auszieht? Nein, entschied der Bundesgerichtshof (BGH, Beschluss vom 28.06.2023 – XII ZB 537/22).

Er muss das auch dann nicht bestätigen, wenn er Gewerbemieter ist.

Keine Schadensersatzpflicht: in der Regel kann man nicht zum Grundstücksgeschäft gezwungen werden

09.08.2023 – Vertragsverhandlungen über einen Grundstückskauf können jederzeit von einer der beiden Verhandlungsparteien abgebrochen werden. In der Regel jedenfalls. Zum Vertragsabschluss kann man nicht gezwungen werden. Man macht sich deshalb auch nicht schadensersatzpflichtig.

Das zeigt eine Entscheidung des Landgerichts Wuppertal (LG Wuppertal, Urteil vom 03.03.2023 – 6 O 101/22).

Die Möchtegern-Käuferin eines Grundstücks blieb auf 9.800 € sitzen, die sie während der Vertragsverhandlungen für Beratungskosten ausgegeben hatte.

Nicht immer ist die VOB/B vereinbart - auch nicht, wenn es alle meinen

08.08.2023 - Beim Bauen gibt es im Wesentlichen zwei Vertragstypen. Den sogenannten BGB-Werkvertrag. Geregelt ist er im Bürgerlichen Gesetzbuch - BGB. Und den VOB/B-Vertrag. VOB ist die Abkürzung für Vergabe und Vertragsordnung für Bauleistungen. Sie besteht aus drei Teilen. In diesem Bau-News-Beitrag ist der Teil B gemeint. Das sind die allgemeinen Vertragsbedingungen. Salopp formuliert: das Kleingedruckte.





Doch nicht immer wird die VOB/B Vertragsbestandteil. Man muss sie ausdrücklich vereinbaren. Und wenn entgegen den Empfehlungen sie auch gegenüber Verbrauchern angewendet werden soll, ihnen den Text übergeben. Das ist an sich nichts Neues.

Ein Urteil des Oberlandesgerichtes Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.12.2022 – I-22 U 113/22) bestätigte es wieder einmal.

Keine Widerrufsbelehrung: auf Baustelle vereinbarten Nachtrag kann Verbraucher lange widerrufen

02.08.2023 – In den letzten Jahren haben wir immer wieder darüber berichtet, dass Verbrauchern auch bei Bau- und Handwerksverträgen unter Umständen ein Widerrufsrecht zusteht. Werden sie nicht darüber aufgeklärt, haben sie eine Widerrufsfrist von 12 Monaten und 2 Wochen. Wenn in der Zeit der Handwerksbetrieb seine Leistung erbracht hatte, dann aber der Vertrag widerrufen wird, wurde zum Nulltarif gearbeitet.

Noch schlechter erging es einem Handwerksbetrieb aus Mannheim. Er bekommt nicht nur nichts für seine Arbeit, sondern muss auch noch 1.910,00 € zurückzahlen, entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14.04.2023 – 8 U 17/23).

Überschuldeter Architekt verliert Zulassung – doch manchmal gibt es einen Lösungsweg

28.07.2023 – Ein Architekt oder eine Architektin hat auch immer die Vermögensinteressen seines Auftraggebers zu wahren. Damit kann man in Schwierigkeiten geraten, wenn man überschuldet ist. Deshalb wird ein Architekt in der Architektenliste gelöscht, wenn er überschuldet ist und es keine Hinweise auf einen baldigen Schuldenabbau gibt. Er gilt dann als nicht mehr zuverlässig.

Eine Entscheidung des Oberverwaltungsgericht Nordrheinwestfalen (OVG NRW, Beschluss vom 14.04.2023 – 4 B 866/21) zeigt aber einen Lösungsweg. Mit dem die Streichung aus der Architektenliste verhindert werden kann.