Im Bau-News-Blog informiert die Anwaltskanzlei Radziwill ● Blidon ● Kleinspehn über neue Rechtsprechung. Und gibt Expertentipps. Die Inhalte des Blog werden so dargestellt und vereinfacht, dass sie möglichst auch für Nicht-Juristen verständlich sind. 

Bitte beachten Sie: die Bau-News können nicht die anwaltliche Rechtsberatung im Einzelfall ersetzen. Es können unter Umständen andere Gerichte - selbst bei vergleichbarem Sachverhalt - zu einer anderen rechtlichen Wertung gelangen. Oder der Gesetzgeber hat die Rechtslage geändert.

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Ein Bauunternehmen, dass einen Bauauftrag übernimmt, muss auch bauen

23.08.2023 – Wenn ein Bauunternehmen einen Bauauftrag übernimmt, muss es auch bauen. Erst recht, wenn es sich schon einen erheblichen Vorschuss hat aushändigen lassen. Diese Erfahrung machte in Hamburg eine Baufirma vor Gericht die weder die Baustelle mit der vereinbarten Mitarbeiterzahl besetzte, noch anfing zu bauen. Einen Vorschuss in Höhe von 60.000 € muss sie jetzt zurückzahlen, entschied das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg (OLG Hamburg, Urteil vom 23.02.2023 – 4 U 54/22).

Gericht: (angeblicher) Infraschall durch Windräder verursacht keine Gesundheitsschäden

21.08.2023 – Und dann gibt es diejenigen, die gegen alles und jeden vorgehen, der nicht bei „drei“ auf dem nächsten Baum ist. Nimbys heißen sie, „not im my backyard“. Gegen die Moderne haben sie nichts, sagen sie. Aber bitte woanders, nur nicht in ihrer Nähe.

Wohl mit einem solchen Nimby hatte das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG NRW, Beschluss vom 29.03.2023 – 22 B 176/23.AK) zu tun.

Gewerbemieter muss nach Kündigung Bereitschaft zum Auszug nicht bestätigen

14.08.2023 – Eine Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. So lernen es die Jurastudierenden bereits im ersten Semester. Übersetzt aus der Juristensprache heißt das zum Beispiel für ein Mietverhältnis: der Vermieter kann einseitig kündigen. Entscheidend ist nur, dass die Kündigung dem Mieter zugeht. Mehr nicht!

Muss der Mieter dann aber dem Vermieter bestätigen, dass er fristgerecht auszieht? Nein, entschied der Bundesgerichtshof (BGH, Beschluss vom 28.06.2023 – XII ZB 537/22).

Er muss das auch dann nicht bestätigen, wenn er Gewerbemieter ist.

Keine Schadensersatzpflicht: in der Regel kann man nicht zum Grundstücksgeschäft gezwungen werden

09.08.2023 – Vertragsverhandlungen über einen Grundstückskauf können jederzeit von einer der beiden Verhandlungsparteien abgebrochen werden. In der Regel jedenfalls. Zum Vertragsabschluss kann man nicht gezwungen werden. Man macht sich deshalb auch nicht schadensersatzpflichtig.

Das zeigt eine Entscheidung des Landgerichts Wuppertal (LG Wuppertal, Urteil vom 03.03.2023 – 6 O 101/22).

Die Möchtegern-Käuferin eines Grundstücks blieb auf 9.800 € sitzen, die sie während der Vertragsverhandlungen für Beratungskosten ausgegeben hatte.

Nicht immer ist die VOB/B vereinbart - auch nicht, wenn es alle meinen

08.08.2023 - Beim Bauen gibt es im Wesentlichen zwei Vertragstypen. Den sogenannten BGB-Werkvertrag. Geregelt ist er im Bürgerlichen Gesetzbuch - BGB. Und den VOB/B-Vertrag. VOB ist die Abkürzung für Vergabe und Vertragsordnung für Bauleistungen. Sie besteht aus drei Teilen. In diesem Bau-News-Beitrag ist der Teil B gemeint. Das sind die allgemeinen Vertragsbedingungen. Salopp formuliert: das Kleingedruckte.





Doch nicht immer wird die VOB/B Vertragsbestandteil. Man muss sie ausdrücklich vereinbaren. Und wenn entgegen den Empfehlungen sie auch gegenüber Verbrauchern angewendet werden soll, ihnen den Text übergeben. Das ist an sich nichts Neues.

Ein Urteil des Oberlandesgerichtes Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.12.2022 – I-22 U 113/22) bestätigte es wieder einmal.

Keine Widerrufsbelehrung: auf Baustelle vereinbarten Nachtrag kann Verbraucher lange widerrufen

02.08.2023 – In den letzten Jahren haben wir immer wieder darüber berichtet, dass Verbrauchern auch bei Bau- und Handwerksverträgen unter Umständen ein Widerrufsrecht zusteht. Werden sie nicht darüber aufgeklärt, haben sie eine Widerrufsfrist von 12 Monaten und 2 Wochen. Wenn in der Zeit der Handwerksbetrieb seine Leistung erbracht hatte, dann aber der Vertrag widerrufen wird, wurde zum Nulltarif gearbeitet.

Noch schlechter erging es einem Handwerksbetrieb aus Mannheim. Er bekommt nicht nur nichts für seine Arbeit, sondern muss auch noch 1.910,00 € zurückzahlen, entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14.04.2023 – 8 U 17/23).

Überschuldeter Architekt verliert Zulassung – doch manchmal gibt es einen Lösungsweg

28.07.2023 – Ein Architekt oder eine Architektin hat auch immer die Vermögensinteressen seines Auftraggebers zu wahren. Damit kann man in Schwierigkeiten geraten, wenn man überschuldet ist. Deshalb wird ein Architekt in der Architektenliste gelöscht, wenn er überschuldet ist und es keine Hinweise auf einen baldigen Schuldenabbau gibt. Er gilt dann als nicht mehr zuverlässig.

Eine Entscheidung des Oberverwaltungsgericht Nordrheinwestfalen (OVG NRW, Beschluss vom 14.04.2023 – 4 B 866/21) zeigt aber einen Lösungsweg. Mit dem die Streichung aus der Architektenliste verhindert werden kann.

Wie lange kann man ein Vertragsangebot annehmen? Urteil: drei bis vier Wochen

26.07.2023 – Nachwuchsjuristen lernen es bereits im ersten Monat ihres Studiums:

„Ein Vertrag kommt zustande durch zwei sich deckende Willenserklärungen: Angebot und Annahme.“

Wird ein Angebot nicht angenommen, kommt auch ein Vertrag nicht zustande.

Doch wie lange hat man Zeit, ein Angebot anzunehmen. Sind beide zukünftige Vertragspartner gleichzeitig anwesend, geschieht das sofort („Ich hätte gerne einen Latte Macchiato.“ – „Kommt gleich“). Aber was dann, wenn man sich nicht gegenüber sitzt oder steht, sondern das Angebot per Post, E-Mail oder sonstwie zu einem kam? Hier lautet die typische Juristenantwort: es kommt darauf an.

Dem Oberlandesgericht Schleswig (OLG Schleswig, Urteil vom 22.03.2023 – 12 U 54/22) lag eine Auseinandersetzung von zwei Baufirmen über den Einbau eines Estrichs vor. Das Angebot auf Abschluss eines Bauvertrages kann in der Regel nur binnen drei bis vier Wochen angenommen werden, entschieden die Oberlandesrichter.

"Jürgen" und "Olga" lassen bauen - Was man alles falsch machen kann

21.07.2023 – Und da gibt es die Zeitung mit den vier Buchstaben. Weiß auf rotem Grund. Ein Blatt, über das man gerne kalauert, man müsse es erst schräg halten, damit das Blut abfließt. Niemand liest es. Dennoch ist es die auflagenstärkste Tageszeitung in Deutschland.

Es gibt auch einen Onlineauftritt: Bild.de. Dort konnte man vor zwei Tagen, am 19.07.2023, erfahren:

„Familie droht Pleite wegen Pfusch am Bau – letzte Hoffnung Spendenaktion“


Die Geschichte von „Jürgen“ und „Olga“ aus dem Kreis Herford

Zitate aus dem Internetartikel, als Redakteur wird Markus Brekenkamp genannt:

“Wenn der Traum vom Haus zum Albtraum wird…

2021 hatten sich Jürgen […] und Olga […] für ein Eigenheim entschieden […] Für 150 000 Euro kauften sie ein Grundstück (532 Quadratmeter).

Schnell war auch ein verlockendes Angebot gefunden: ein Holzständerwerk-Haus mit fünf Zimmern und großzügigem Stauraum im Dachgeschoss. Preis: 200 000 Euro. Alles voll isoliert und energieeffizient – ein Schnäppchen, das die Bank gern finanzierte.

Im September 2021 starteten die Bauarbeiten. Ab Frühjahr 2022 kam es zu Verzögerungen.

Zuerst wurden Dachziegel nicht geliefert, dann blieb die Isolierung des Sockels aus. Bereits zugesagte Handwerker erschienen nicht. Der Bauherr: „Der Unternehmer lieferte immer plausible Erklärungen. Wir vertrauten ihm und bezahlen weiter die Rechnungen inklusive Schlussrate.“

Ein verheerender Fehler! Im September 2022 meldete der Bauunternehmer Insolvenz an. Folge: Die Familie wohnt nun quasi auf einer Baustelle. Geld für die Fertigstellung des Hauses ist nicht da."