Im Bau-News-Blog informiert die Anwaltskanzlei Radziwill ● Blidon ● Kleinspehn über neue Rechtsprechung. Und gibt Expertentipps. Die Inhalte des Blog werden so dargestellt und vereinfacht, dass sie möglichst auch für Nicht-Juristen verständlich sind. 

Bitte beachten Sie: die Bau-News können nicht die anwaltliche Rechtsberatung im Einzelfall ersetzen. Es können unter Umständen andere Gerichte - selbst bei vergleichbarem Sachverhalt - zu einer anderen rechtlichen Wertung gelangen. Oder der Gesetzgeber hat die Rechtslage geändert.

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Nachbar kann gegen Kita und Kitaverkehr im Wohngebiet (meist) nicht vorgehen

19.06.2023 – Kindertagesstätten! Mit Kindern, die Lärm machen! Und Eltern, die stundenlang in ihren Autos mit laufenden Motoren davor parken! Das ist die Vorstellung mancher.

So auch einer Nachbarin, die gegen eine Baugenehmigung für eine Kindertagesstätte vorging. Doch das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW, Beschluss vom 09.05.2023 – 10 A 1823/21) entschied, dass eine Kita hinzunehmen ist.

Trau, schau, wem – wenn es die Baufirma gar nicht gibt

15.06.2023 – Da fiel einem Bau-Auftragnehmer Schluderei ganz ordentlich auf die Füße. Oder war es gar mehr? Er schloss jedenfalls einen „Lieferungsvertrag“ mit einem Bauherrn und meinte damit einen Bauvertrag. Doch das war noch gar nicht das eigentliche Problem. In dem „Lieferungsvertrag“ nannte er als Auftragnehmer eine Firma Immobilien-Baubetreuung, vertreten durch den Geschäftsführer. Eine solche Firma gab es aber nicht. Er wurde deshalb persönlich in Anspruch genommen.

Zu Recht, wie das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.10.2022 – 22 U 53/22) feststellte.

Bitumenanstrich verliert bei älteren Häusern bereits nach 30 bis 40 Jahren abdichtende Eigenschaft

14.06.2023 – Alte Einfamilienhäuser können – na ja - charmant sein. Oder böse Tücken haben. Mit einem solchen Haus hatte das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 16.03.2023 – 7 U 198/22) zu tun.

Das Gericht stellte fest, dass bei 65 Jahre alten, unsanierten Häusern Feuchtigkeit im Keller nicht unüblich ist. Ein Bitumenanstrich würde bei älteren Häusern üblicherweise bereits nach 30 bis 40 Jahren seine abdichtende Eigenschaft verlieren. Das sei deshalb für sich genommen kein Sachmangel.

Wann ist es denn nun soweit? – „Circa-Angabe“ zur Fertigstellung im Bauvertrag reicht nicht

12.06.2023 – Wenn Baufirmen Verträge aufsetzen, gibt es mitunter den unschönen Hang, sich alles offen zu halten. Natürlich bis auf den Werklohn. Nach unten jedenfalls, nach oben darf es immer gehen.

Einer rheinland-pfälzischen Baufirma fiel ein von ihr für Bauverträge mit Verbrauchern formulierter Bauvertrag vor dem Oberlandesgericht Koblenz (OLG Koblenz, Urteil vom 09.03.2023 – 2 U 63/22) auf die Füße. Mehr als 30 Klauseln darin waren unwirksam.

In einer davon hieß es zur Bauzeit bis zur Fertigstellung:

„Circa XXX Monaten bis zur abnahmefähigen Fertigstellung der Leistungen“.

Schädiger muss bei Beschädigung einer Hofeinfahrt nicht auch noch den allerletzten Schaden zahlen

25.05.2023 – Eine Hofeinfahrt muss nicht immer komplett erneuert werden, wenn sie durch einen Autounfall beschädigt wurde. Mitunter reicht auch die Reparatur einer Teilfläche, auch wenn man bei gründlichem Hinsehen und Ausmessen mit Zollstock und Wasserwaage noch Reste des Schadens erkennen kann.

Das entschied das Oberlandesgericht Celle (OLG Celle, Urteil vom 15.02.2023 – 14 U 166/21).

Scheinselbständige Bauarbeiter: hohe Beitragsnachforderung

27.04.2023 – Wenn eine Baufirma „Schwarzarbeit“ durch scheinselbständige Bauarbeiter erbringen lässt, kann das teuer werden. 103.000 € hat eine Baufirma in Hessen jetzt für die Beschäftigung von drei scheinselbständigen Bauarbeitern nachzuzahlen. Das entschied das hessische Landessozialgericht (LSG Darmstadt, Urteil vom 26.01.2023 – L 8 BA 51/20).

Was aber noch nicht alles ist: daneben hatte das Bauunternehmen noch Aufwendungen um ein Strafverfahren abzuwehren.

Vorsicht Falle: Bauherr muss sich Vertragsstrafe bei Abnahme vorbehalten

17.04.2023 – Beim Bauen kann manches nicht so laufen, wie man es sich vorgestellt hat. Zum Beispiel der Fertigstellungszeitpunkt. Häufig ist in den Verträgen dafür vorgesorgt. Mit einer Vertragsstrafenregelung. In der es vielleicht heißt, dass der Bauunternehmer für jeden Tag der verspäteten Fertigstellung einen Pauschalbetrag an den Bauherrn zu zahlen hat.

Doch im BGB – Bürgerlichen Gesetzbuch, steckt eine Falle, die einen Bauherrn dann Tausende von Euro kosten kann: der § 341 Abs. 3 BGB.

Stundenlohnarbeiten: Baufirma muss die abgerechneten Stunden nicht aufschlüsseln

05.04.2023 – Nach Stundensätzen abzurechnen ist auf dem Bau nicht unüblich, wenn gleich es nicht so häufig vereinbart wird. Das Streitrisiko ist bei Stundenlohnarbeiten natürlich größer als etwa bei Pauschalpreisvereinbarungen oder Einheitspreisvereinbarungen: wurden vielleicht durch zu langsames Arbeiten Arbeitsstunden geschunden? Und vor allem: Wie kann das im Einzelnen nachgeprüft werden? Wie konkret muss die Abrechnung dann sein?

Wieder einmal lag dem höchsten deutschen Zivilgericht, dem Bundesgerichtshof (BGH, Beschluss vom 01.02.2023 – VII ZR 882/21), ein Stundenlohnvertrag vor.

Der Bundesgerichtshof entschied, so wie zuvor schon öfter, dass die schlüssige Abrechnung eines Stundenlohnvertrages grundsätzlich keine Differenzierung in der Art voraussetzt, dass die abgerechneten Arbeitsstunden nach zeitlichen Abschnitten aufgeschlüsselt werden müssen.

Eigenbedarfskündigung: vollständig falschen Nachnamen des Einziehenden anzugeben, macht sie unwirksam

30.03.2023 – Wer als Vermieter eine Eigenbedarfskündigung geltend macht, muss in der Kündigungserklärung den Grund hierfür angeben. Dazu gehören auch Angaben zur Person des Menschen, der in die Wohnung einziehen soll. Wenn man dann einen erfundenen Namen nennt, ist die Kündigung unwirksam.

So ein Beschluss des Landgerichts Berlin (LG Berlin, Beschluss vom 14.02.2023 – 67 S 5/23).

Wohnungskündigung um 22.30 Uhr in den Briefkasten eingeworfen - verfristet

20.03.2023 – Es ist der 04.02.2020. Der dritte Werktag des Monats. Bei einem Vermieter klingelt es um 22:30 Uhr. Über die Gegensprechanlage meldete sich eine Mieterin. Sie werde jetzt eine Kündigung ihres Wohnungsmietvertrages in den Wohnungsbriefkasten des Vermieters einwerfen.

Zu so später Stunde wollte der Vermieter seine Wohnung nicht mehr verlassen. Erst am nächsten Morgen ging er zum Briefkasten, in dem sich tatsächlich die Kündigung befand.

Eine Kündigung eines Wohnungsmietvertrages muss vom Mieter spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats erklärt werden (§ 573 c Abs. 1 S. 1 BGB). Doch wann ist hier die Kündigung zugegangen? In der Nacht, kurz nach der Ankündigung über die Gegensprechanlage? Das wäre dann am dritten Werktag. Oder erst am nächsten Morgen, als der Vermieter zum Briefkasten ging? Also am vierten Werktag.

Das Landgericht Krefeld (LG Krefeld, Urteil vom 21.09.2022 – 2 S 27/21) entschied, dass sie nicht in der Nacht zugegangen war, sondern erst am nächsten Morgen.